Wie Sie als geneigter Leser dieses Blogs vielleicht schon mitbekommen haben, hat sich gerade in diesem Jahr meine Aufmerksamkeit zunehmend in Richtung unseres Nachbarlandes Tschechiens verschoben. Das liegt zum einen, an seiner geographischen Nähe und der damit verbundenen schnellen Erreichbarkeit und zum anderen, an seiner spannenenden Geschichte, schönen Natur und reizvollen Orten, die man wunderbar einfach erkunden kann.
Mit Literatur zum Thema verhält es sich aber interessanterweise ähnlich, wie mit dem Interesse, das Tschechien in Deutschland hervorruft, man muss schon recht angestrengt danach suchen. In meine Hände vielen dabei zwei Bücher, die von den Landeszentralen für politische Bildung herausgebracht wurden. Da ist zum einen der Sammelband „Deutsche und Tschechen. Geschichte – Kultur – Politik“ mit zahlreichen, teilweise spannenden Artikeln von Wissenschaftlern, Zeitzeugen und Politikern (auf dieses Buch werde ich aber hier nicht näher eingehen). Zum anderen ist da Hans-Jörg Schmidts Buch „Tschechien. Eine Nachbarschaftskunde für Deutsche“. Der Autor ist Journalist und ich gebe ganz vorurteilsfrei zu, das merkt man dem Buch auch an. Seit 1990 wohnt er in Prag und hier schreibt ein Deutscher, der sich im tschechischen Alltag auskennt und der zahlreiche Anekdötchen zu erzählen hat. Allerdings ist dieses Buch dann doch nicht mehr als ein erster Blick ins Land. Man kann sich den Inhalt so vorstellen, wie eine Taxifahrt durch ein fremdes Land und man fragt den Fahrer, was denn hier so los sei. Es wird einem recht viel erzählt, aber alles in einem Stil, der eher der persönlichen Reflexion entspricht, auch wenn man zugeben muss, Schmidt versucht unabhängig zu bleiben. Einige Themen bekommen besonders viel Beachtung, dafür werden andere (vielleicht wichtigere) Punkte oberflächig oder gar nicht abgehandelt. So findet sich zwar recht viel zur Zeitgeschichte und der Rolle der Deutschen in den letzten 80 Jahren, aber wer größere historische Hintergründe sucht (so die Fragen, warum lebten denn über Jahrhunderte Deutsche und Tschechen gemeinsam dort und wie lebten sie zusammen), der wird enttäuscht. Auch das politische System wird eher kurz behandelt, dafür aber Wert auf die Beschreibung von Skandalen und Entgleisungen der Politiker gelegt, sprich man fühlt sich ein wenig, wie wenn viele Zeitungsartikel zu einem Büchlein zusammengefasst wurden, aber einer Linie fehlt es etwas.
Zweifellos ist dieses Buch ein erster Blick auf ein nahes und doch irgendwie fernes Land und von daher sei es jedem empfohlen, der sich über unser Nachbarland weiterbilden möchte, aber am Ende ist es auch nicht mehr als eine Taxifahrt durch Tschechien.