Als ich Ende August mit der Bahn von Leipzig nach Dresden fuhr, las ich in den eingängigen Internetportalen vom Tode Wolfgang Herrndorfs. Bis dahin kann ich nicht wirklich behaupten, ihn als Autor je wirklich wahrgenommen zu haben und ich gebe zu, dass er für mich nur der Typ war, der „Tschick“ geschrieben hatte, ein Buch das irgendwo ganz gut sein sollte, so hörte man immer wieder und das sogar vom Staatsschauspiel Dresden als Theaterstück auf die Bühne gebracht wurde. Angeregt von den – selbstredend – wohlwollenden Nachrufen, entschloss ich mich „Tschick“ anzulesen, denn erstens fühlte ich mich noch jung genug für einen Jugendroman und zweitens musste ich doch auch mal lesen, was alle so toll fanden.
Und so ist es dann auch, denn ich kann mich den Einschätzungen der Literaturexperten und meiner Freunde gänzlich anschließen. „Tschick“ ist ein wunderbares Buch. Das liegt zum großen Teil an der Art und Weise der Schilderung, die von Maik Klingenberg erzählt wird. Maik ist ein 14-jähriger Gymnasiast, eher unauffällig, aber schwer in Tatjana verliebt. Als diese ihn nicht zu ihrer Geburtstagsfeier, am Anfang der großen Ferien einlädt, scheint Maiks Sommer völlig ruiniert, zumal seine Mutter zu einer Alkohol-Entziehungskur muss und sein Vater, ein in Probleme geratener Bauunternehmer, lieber in den Urlaub mit seiner Assistentin fährt, als sich um Maik zu kümmern. Doch bevor Maik Trübsal blasen kann, kommt sein neuer Klassenkamerad Andrej Tschichatschow, der Einfachheit halber kurz Tschick genannt, mit einem Lada Niva vorgefahren und schlägt eine Ausfahrt vor und schon kann ein unvergesslicher Sommer beginnen.
Dieses Buch strotzt vor Humor und einem Sommergefühl, wie man es wohl das letzte Mal mit 14 Jahren hatte (okay, vielleicht auch noch mit 18). Wer ein Buch für Jugendliche erwartet ist dabei bestens bedient, aber es ist eben auch ein Goldschatz für alle Menschen über 14 Jahre. Obwohl es kein Drama ist, berührt dieses Buch sehr, sogar so sehr, dass ich mir am Ende des Textes eine Träne zurückhalten musste (auch weil ich passenderweise mitten auf der Autobahn durch Deutschland fuhr und meinem mir anfangs unheimlichen Fahrer der Mitfahrgelegenheit keinen zu emotionalen Eindruck vermitteln wollte, beließ ich es lieber bei der einen, recht unauffälligen Träne). Ein Road-Trip für die ganze Familie könnte man sagen. Absolut lesenswert und der Beginn einer Auseinandersetzung mit einem weiteren, leider viel zu früh verstorbenen Autor.