„Während die Frauen schlafen“ ist eine Sammlung von neun Kurzgeschichten des Spaniers Javier Marías, zumeist Ende der 1980er geschrieben. Der Titel ist dabei nach der ersten Geschichte benannt, kann aber nicht wirklich thematisch für das gesamte Buch gelten, so sind die Haupthelden der Geschichten allesamt Männer. Wie bei der Aufreihung von mehreren Stücken nicht anders zu erwarten, sind einige von ihnen von außerordentlich hohem Lesevergnügen, während man sich durch andere Geschichten eher ein wenig durchquält (wobei dies so, wirklich nur für Eine, und zwar die letzte Geschichte gilt).
Bemerkenswert ist die erste und titelgebende Kurzgeschichte, bei der ein Urlaubspärchen ein anderes seltsames Pärchen jeden Tag am Strand beobachtet, denn diese haben nicht nur einen erheblichen Altersunterschied aufzuweisen, sondern auch die Besonderheit, dass der ältere Mann seine jüngere und sehr attraktive Frau scheinbar nonstop mit seiner Videokamera filmt. Als sich beide Männer am letzten Urlaubstag nachts am Pool begegnen, wird das Geheimnis des ständigen Filmens gelüftet, allerdings um den Preis scheinbar unheimlicher Dinge. Eine weitere sehr lesbare Geschichte ist „Santiestebans Abschied“ über einen britischen Lehrer an einer Schule in Madrid, der versucht einen Geist im Schulhaus zu finden. Oder „Ein Treue-Epigramm“ über einen Buchhändler, der kostbare Bücher in seine Auslage stellt und vor seinem Schaufenster Obdachlose beobachtet, die ihm nicht geheuer sind. Auch das recht erschütternde „Was der Butler sagte“ über einen Diener der gemeinsam mit dem Erzähler in einem New Yorker Hochhauslift stecken bleibt, gehört zu den Geschichten, die von den 156 Seiten hängen bleiben. Als Einstieg in Javier Marías Werk sind diese Kurzgeschichten wärmstens zu empfehlen.