Ein Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung machte mich – auf dem Weg nach Frankfurt – über eine neue Serie aufmerksam, die von Bryan Cranston und David Shore (dem Erfinder von „House“) erdacht wurde. Spätestens seit „Breaking Bad“ steht Cranston für sehr innovatives Fernsehen, was einiges verspricht. Und ähnlich wie bei „Breaking Bad“ ist auch „Sneaky Pete“ eine unvorhersehbare Serie mit spannenden und überraschenden Verlauf.
Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist Marius Josipovic (Giovanni Ribisi) der kurz vor seiner Entlassung aus dem Gefängnis steht. Doch die Freiheit hat noch eine offene Rechnung mit ihm zu begleichen, in Form des Glücksspielbetreibers Vince Lonigan (Bryan Cranston). Dieser möchte Geld von Marius wiederhaben, dass dieser von ihm durch Trickspiel erbeutet hat und benutzt als Druckmittel Marius Bruder Eddie (Michael Drayer). So schlüpft Marius in die Rolle seines Zellennachbarn Pete und nach seiner Entlassung kreuzt er bei Petes alter Familie auf, die diesen für Jahrzehnte nicht mehr gesehen hatte und ihn schnell für den verlorenen Sohn hält. Tatsächlich stehen aber auch die Dinge bei den Bernhardts nicht wirklich gut. Ihr Kautionsgeschäft läuft bestenfalls schleppend. Familienoberhaupt Otto (Peter Gerety) muss nach einem Schlaganfall kürzer treten, während seine Frau Audrey (Margo Martindale) die Geschäfte übernommen hat und einen eher herrischen Umgangston pflegt, egal ob mit der in der Firma angestellten Julia (Marin Ireland) oder mit dem eher kindlichen Polizistensohn der Familie Taylor (Shane McRae).
Während der falsche Pete versucht, dank seine Tricksereien, die er als Marius gelernt hat, seine neue Familie abzuziehen, verkompliziert sich die Situation zunehmend, nicht nur weil die Bernhardts tiefer in Problemen stecken als man meint, sondern auch weil Pete sich immer mehr bei ihnen wohl fühlt.
„Sneaky Pete“ startet als Krimi-Drama nach dem Schema, gewiefter Trickbetrüger nimmt ein paar Landeier aus. Doch schnell wird klar, so einfach ist es nicht. Andere täuschen, ihnen etwas vorspielen und sich das Vertrauen zu erschleichen, um die eigene Motive nicht sichtbar zu machen, gibt es auch bei der Zielgruppe, den Berhardts. Und so steht Pete fast täglich vor der Herausforderung, sich eine neue Geschichte ausdenken zu müssen, oder alte Freunde zu bemühen, um seine Ziele doch noch zu erreichen. Das alles ist sehr geistreich, spannend, unvorhersehbar und sogar teilweise komisch inszeniert. Ähnlich wie bei „Breaking Bad“ versucht „Sneaky Pete“ seine Zuschauer immer wieder zu verblüffen, ohne dabei unrealistisch zu wirken. Das ist größtenteils sehr gekonnt, nur gegen Ende zu, hat man das Gefühl, dass es vielleicht auch etwas weniger getan hätte. Doch „Sneaky Pete“ kann nicht nur mit einem ausgeklügelten Storytelling punkten, fast noch mehr sind die eigenwilligen und sehr überzeugenden Charaktere zu nennen. Nicht nur Giovanni Ribisi als charmanter Trickbetrüger bleibt dabei in Erinnerung, sondern ausnahmslos alle Familienmitglieder der Bernhardts.
So kann ich freudig berichten, dass eine 2.Staffel in Planung ist. Eine Entwicklung, die so gar nicht vorhersehbar war, denn die Serie hatte einen schweren Start. Eigentlich für CBS gedreht, wollte man dort nach der Pilotfolge nicht mehr sehen und so entschied sich amazon-Prime diesen Piloten zu zeigen und die Zuseher abstimmen zu lassen, ob es eine ganze Staffel geben soll. Das war ganz offensichtlich erfolgreich.