Gesehen am 12.10.2023 im Humboldt Sall der Urania Berlin
aus der Reihe: „Bretter der Welt“
Das Internet ist ein riesiges, nicht mal im Ansatz zu überblickendes Feld für menschliche Unterhaltung (und mehr). Es erschafft und ersetzt viele traditionelle Inhalte und es führt dazu, dass sich neue Gewohnheiten der Konsumtion von audiovisuellen Inhalten etablieren. Und es führt uns dazu, Sachen zu machen.
Ich habe im Oktober das erste Mal einen Künstler besucht, den ich nur aus dem Internet, noch genauer, den ich nur aus Instagram kenne. In eben jener Social-Media Anwendung, fiel mir der finnische Stand-Up Comedian Ismo auf, weil er auf naive, aber lustige, Weise sich mit der amerikanischen Sprache und Lebensart auseinandersetzte. Seine Clips spielen gefühlt immer irgendwo in Kleinkunstbühnen in Kalifornien (obwohl das nur eine Annahme ist, so ganz genau bekommt man es nicht raus). Dort erscheint er verwirrt von der Benutzung der englischen Sprache, die für den Finnen, genauso wie mich, die erste Fremdsprache ist. Das Ganze präsentiert er, nicht ohne seine neue Heimat (denn Ismo zog aus Finnland aus, um in dieser neuen Heimat Amerika die Welt zu erobern) ironisch durch den Kakao zu ziehen.
Nun ist die Welteroberung in Europa angekommen[1] und Ismo war im Humboldt-Saal der Urania zu sehen. Und dabei fiel auf, das Internet und Liveveranstaltungen, dann doch etwas anderes sind. Während man bei Instagram immer nur Schnipsel zu sehen bekommt, die so etwas wie das Best-Of seiner Gags darstellen, ist seine Liveshow knappe 90min lang. Dabei erwischt man sich, dass die besten seiner Gags eigentlich die sind, die man aus dem Internet bereits kannte. Ismo beginnt dann seine Show, die im Rahmen seiner „Watch Your Language“ Tour firmiert auch mit seinen Erfahrungen in den USA. Hier passiert eine perspektivische Veränderung, die ich etwas abträglich fand. Denn plötzlich steht der in Kalifornien lebende Finne, vor einem (vermeintlich[2]) deutschen Publikum und reist Witze über die Unzulänglichkeiten der Amerikaner. Was aus US-Amerikanischer Binnenschau ironisch und witzig wirkt, hat in Berlin aber schnell den Touch einer gewöhnlichen und in seiner Intention schon vielmals gehörten Amerika-Kritik eines Europäers, der sich in die dunkle Hirnlosigkeit, der etwas naiven kulturellen Brüder und Schwestern der anderen Seite des Großen Teiches hineinversetzt. Der Ansatz das man über kulturelle Unterschiede berechtigterweise auch humorvoll berichten kann, bekommt hier einen leichten Touch von Chauvinismus, während er in den USA, als die Abenteuer des Neuankömmlings in der großen glitzernden Welt naiv und unbekümmert wirkt. Das ist alles kein wirkliches Problem, aber es zeigt, wie Comedy aus dem Internet sich transformiert, wenn man sie auf die Bühne holt.
Ismo holt dann noch weiter aus, spricht über seine Heimat Finnland und die Konkurrenz zu Schweden oder sein Single-Leben. Das alles wirkt dann eher flach und ist nur sehr selten ein tiefgründigeres Sprachspiel, wie man es vielleicht beim Titel der Tour hätte erwarten können. So bleibt der Eindruck eines netten und unterhaltsamen Abends, mit ordentlich Werbung für das eigene Merchandising, aber eben auch nicht mehr.
[1] Übrigens ist auch Ricky Gervais diesen Herbst auf Europa-Tournee. Selbstverständlich hätte ich mir den Briten noch lieber angesehen als den Finnen, aber Gervais fordert mehr als 100€ Eintritt und das erscheint mir etwas üppig, zumal es dann auch nur, in der nicht gerade persönlich wirkenden Mercedes Benz Arena Berlin stattfinden soll. Trotzdem waren schon im Frühjahr ein Großteil seiner Tickets verkauft.
[2] Natürlich waren dabei auch Native-English Speaker und wahrscheinlich auch Finnen, aber mir ist der Anteil dieser Sprachgruppe nicht abschätzbar gewesen.