Was ist wahr und was ist erfunden? Was ist richtig und was ist falsch? Wo liegt der Unterschied zwischen Schuld und Unschuld? Ändert sich all das mit der Zeit die vergeht? Und was ist real? Kneifen Sie sich mal geneigter Leser? Und tat’s weh? Sehen Sie, schon wieder etwas Bewusstsein des eigenen Seins geerntet. Wieviel mehr können wir wirklich wissen, außer, dass wir am Leben sind? Die Welt, die sich um unser Leben hüllt ist wahrhaftig, aber sie ist zweifellos auch falsch und das Leben ist ein ständiges Austarieren, was man zu wissen meint und was man nicht glauben kann. Die dritte Staffel von Fargo dreht sich um diese Gemengelage.
Wie auch bei den beiden anderen Staffeln der Serie, beginnt die 3.Staffel mit einer rund 5minütigen Einleitung, der so etwas wie das thematische Gerüst der nächsten 10 Folgen darstellen soll, aber nur symbolisch mit der weiteren Handlung zu tun hat. Darin verhört ein Stasi-Offizier einen Verdächtigen, der seine Frau umgebracht haben soll. Dieser – so stellt sich schnell heraus – ist jedoch gar nicht der gesuchte Mörder, nicht zuletzt deshalb, weil er einen anderen Namen als der Gesuchte hat und seine Frau noch quicklebendig ist. Er hofft, dass sich das Missverständnis schnell aufklärt. Doch diese faktische Wahrheit interessiert den Stasi-Offizier nicht, für ihn ist der Verdächtige schuldig. Wahrheit so könnte man meinen, ist also das, was die Mächtigen für wahr haben wollen.
Die eigentliche Serienhandlung beginnt dann mit einem Empfang bei Emmit Stussy (Ewan McGregor). Durch das geschickte Anlegen des Erbes seines Vaters, einer Briefmarkensammlung, hat er es gemeinsam mit seinem Anwalt Sy Feltz (Michael Stuhlbarg) zu erheblichem Wohlstand gebracht. Auch Emmits Bruder Ray (ebenfalls Ewan McGregor) möchte etwas von diesem Geld partizipieren, ist er doch nur ein zweitklassiger Bewährungshelfer und seine neue Freundin Nikki Swango (Mary Elizabeth Winstead) ermutigt ihm dazu, seinen Teil des Erbes einzufordern, wenigstes in der Form, dass er die letzte erhaltene Briefmarke der Sammlung bekäme. Emmit und Sy weigern sich, was Ray dazu veranlasst, einen seiner Ex-Knastis zu beauftragen, die Marke zu stehlen, was jedoch gründlich verkehrt läuft und im Mord an einem alten Mann endet, der ebenfalls Stussy heißt, aber nichts mit der Familie der Brüder zu tun hat. Das Stiefkind des Opfers wiederum ist Gloria Burgle (Carrie Coon), eine Polizistin, deren Dienstgrad sich durch eine administrative Zusammenlegung, nicht klar aussagen lässt und die so unscheinbar ist, dass selbst Lichtschranken Probleme haben, sie zu erkennen. Sie beginnt die Ermittlungen nach dem Todesfall, doch umso tiefer sie einsteigt, umso verwirrender wird alles. Und da taucht noch eine mysteriöse Gestalt auf, V.M. Varga (David Thewlis), der Emmit Stussys Firma einst Geld geliehen hat, dieses Geld aber nicht wiederhaben möchte.
Die 3.Staffel von Fargo startet eher bedächtig, wird aber mit jeder Folge etwas komplizierter, spannender und auch witziger. Dabei entwickeln sich die Charaktere immer weiter. Aus Bösen werden Gute, aus Unschuldigen, Schuldige und der Zuschauer muss mit sich ausmachen, war das jetzt richtig, oder war es falsch, führten die Zwänge der Situation und das fehlende Wissen der Fakten zu dieser Tat, oder hätte man nicht doch auch eine andere Option gehabt? Das macht Fargo 3.0 zu einer äußerst sehenswerten Serie, die vielleicht nicht ganz an die fulminante zweite Staffel herankommt, aber wieder hervorragende Schauspieler aufbietet, bei dem Ewan McGregor in seiner Doppelrolle genauso herausragt, wie David Thewlis als das personifizierte Böse im mittleren Angestelltendienst oder Carrie Coon als unauffällige, aber immer nach der Wahrheit suchende Ermittlerin.