Der Architekt Alex wird gerade mit dem Studium fertig, als er eher zufällig die zurückhaltende, etwas kindische und nur wenig verführerische Polin Iwona im Biergarten kennenlernt. Irgendetwas, was er nicht genau identifizieren kann, reizt ihn an ihr und wenn es nur die unerschütterliche Feststellung Iwonas ist, das sie ihn liebt. Doch Alex nimmt sie nicht ernst und fährt stattdessen mit seiner langjährigen Freundin Sonja, einer zielbewussten, klugen und gutaussehenden Frau zu einem Sommerausflug nach Marseille, wo beide sich näher kommen und ein Paar werden. Ein halbes Jahr später macht Alex ihr ein Heiratsantrag und Iwona verschwindet aus seinem Leben. Doch sieben Jahre später wird sie wieder auftauchen.
Peter Stamms Thema sind menschliche Beziehungen und auch der 2009 veröffentlichte Roman „Sieben Jahre“ widmet sich diesem Thema. Protagonist und Ich-Erzähler Alex lässt die letzten 18 Jahre seines Lebens Revue passieren, als Antje, eine Freundin seiner Frau zu Besuch ist und stellt fest, dass er immer zwischen zwei Frauen stand, auch wenn er eigentlich nur mit einer Frau zusammen war. Stamm erzählt in seiner reduzierten und distanzierten Art eine Geschichte über Liebe, die es dem Leser erlaubt hinter den jeweiligen Moment der Handlung zu schauen und die Strukturen freizulegen, die sich über eine längere Zeit bilden und einen Menschen und seine Beziehungen prägen. Das wirkt teilweise – gerade am Anfang – etwas fremd und man fragt sich, wie Stamm nur so glatt über komplexe Situationen erzählen kann, verfehlt aber im Laufe des Romans nicht seine Wirkung. Dort wird man dann gefangen im Leben von Alex, einen sicherlich für viele Leser, recht unsympathischen Charakters, der der Meinung ist, sein Leben kontrollieren zu können, aber in Wirklichkeit doch nur in ihm entlang gleitet, der meint das Beste zu wollen und dabei großen Schaden anrichtet. Doch so wenig liebenswürdig dieser Alex auch ist, so konnte zumindest ich doch nicht umhin mich teilweise mit ihm zu identifizieren.
Zweifellos hat „Sieben Jahre“ nicht die Prägnanz und auch nicht die Strahlkraft von „Agnes“ und mit 300 Seiten ist das Buch gerade zum Ende hin, auch etwas zu lang geraten, aber es ist trotzdem ein wirklich lesenswertes Buch über die Imperfektion menschlicher Lebensentwürfe und Beziehungen. Ein Buch das auch wieder durch seine Offenheit gegenüber Interpretationen besticht und dem Leser seine eigene Sicht der Dinge vor Augen führt.