Jahr: 2019 | Regie und Drehbuch: Pedro Almodóvar | Länge: 114min | Spielfilm | Originaltitel: „Dolor y gloria“ | Location: Paterna (u.a.)
Salvador Mallo (Antonio Banderas) ist ein durch viele körperliche Beschwerden gealterter Filmregisseur und Autor. Gern würde er noch arbeiten, aber seine gebrechliche Situation verhindert dies und er verkriecht sich mehr und mehr in seine Wohnung und scheut soziale Kontakte. Da kommt eine Einladung, sein über 30 Jahre altes Meisterwerk „Sabor“ in der Filmoteca in Madrid nochmals zu zeigen und danach Fragen des Publikums zu beantworten. Dafür rafft er sich auf und versucht Kontakt zu seinem damaligen Hauptdarsteller Alberto Crespo (Asier Etxeandia) aufzunehmen, mit welchem er seit vielen Jahren im Streit liegt. Sie versöhnen sich und Salvador lernt die Möglichkeit kennen, mit Hilfe von Heroin seine Schmerzen zu vergessen und gleitet in Erinnerungen an sein Leben hinab. Er sieht sich als Junge (Asier Flores), wie er mit seiner Mutter (Penelope Cruz) eine Höhlenwohnung in Paterna bei Valencia bewohnt, da sich sein Vater (Raúl Arévelo) nicht mehr als diese Höhle leisten kann. Er sieht die letzten Momente mit seiner gealterten und kranken Mutter (Julieta Serrano), die immer noch resolut ihre Meinung sagt. Er rekapituliert seine erste große Liebe mit dem damals drogensüchtigen Frederico (Leonardo Sbaraglia) und beschreibt wie er aus dem Zusammenbrechen dieser Liebe zu seiner Berufung gekommen ist, Geschichten zu erzählen und Filme zu schreiben.
„Leid und Herrlichkeit“ ist ein stark autobiographisch geprägter Film von Pedro Almodovar. Das Setting ist seiner Wohnung nachempfunden, Banderas trägt seine Frisur und viele Geschichten im Film ähneln denen in seinem Leben. Wobei nur Anleihen, Inspirationen oder Motive aus seinem Leben verfilmt wurden, der Streifen ist keine Autobiographie, z.B. wuchs Almodóvar nicht in Paterna, einem Vorort von Valencia, sondern in Kastilien auf. „Leid und Herrlichkeit“ besticht aber eben durch seine wunderbare Selbstreferenz, ohne die Figur von Salvador Mallo identisch mit der von Pedro Almodovar zu machen. So sagte dieser während der Dreharbeiten zu Antonio Banderas: „Wenn du denkst, dass es in irgendeiner Sequenz hilft, wenn du mich nachahmst, kannst du es tun.“ Banderas meinte das sei nicht nötig und Almodovar stellte danach fest: „sein Charakter war nicht ich, aber er war in mir.“ Tatsächlich ist Banderas Spiel außergewöhnlich und in dieser Intensität sehr, sehr beeindruckend. Er spielt den gebrechlichen, älter werdenden Regisseur der sowohl auf die Leiden seines Leben, aber auch auf die Herrlichkeiten die ihm passiert sind zurückblickt und er macht dies äußerst eindrücklich. Banderas gewann mit dieser – vielleicht seiner besten – Leistung die Goldene Palme von Cannes.
Wie eigentlich immer ist die Bildersprache, die Almodóvar in „Leid und Herrlichkeit“ zeichnet wundervoll farbenprächtig und werden verstärkt durch einen sehr gelungenen Soundtrack. Der Film ist zum einen ein gefühlvolles Porträt eines Filmemachers, er zeigt wie „Kreativ-Sein“, ebenso von Leid, wie von Glück getragen wird. Zum anderen zeigt er wie sehr sich Spanien innerhalb eines Menschenlebens von einem jenseits der Pyrenäen befindlichen Hinterland zu einem, der vielen Leuchttürme der europäischen Kultur entwickelt hat und dafür ist auch Almodóvar selbst, wohl ein passendes Beispiel, dass er natürlich – nicht ganz uneitel, aber doch sehr charmant – an einer Stelle des Filmes erwähnt. Gefühlvolles, bewegendes und trotzdem kluges Kino, ein Höhepunkt des europäischen Films in diesem Jahr.