Sie wollen mal einen etwas anderen Film sehen? Mehrere Erzählstränge erschrecken Sie nicht? Sie wollen Historienfilm und Science Fiction auf einmal und vor 2 Stunden 30 verlassen Sie nicht Ihren Kinosessel? Schauen Sie mal „Cloud Atlas“ von den Wachowski Geschwistern und Tom Tykwer aus dem Jahr 2012.
Sechs Erzählstränge verteilt über rund 500 Jahre versprechen eine ungewohnt großangelegte Story. Beginnend mit einer Schiffreise im Jahr 1849 und endend in einer fernen Zukunft, mehr als 100 Jahre nach einer zivilisationsgefährdenden Apokalypse. Alle Geschichten sind dabei miteinander verwoben und werden parallel erzählt. Interessant ist, dass immer wieder die gleichen Schauspieler auftreten, auch wenn es sich um vollkommen unterschiedliche Charaktere handelt. Wir erleben Tom Hanks unter anderem als schmierigen Schiffsarzt, verliebten Wissenschaftler oder Ziegenhirten, Halle Berry als Reporterin oder Botschafterin eines technisierten Volkes in einer tief fragmentierten Zukunftswelt, Hugh Grant als schmierigen Lobbyisten oder blutrünstigen Stammesanführer und Jim Broadbent als Schiffskapitän oder eingesperrten Verleger. Fast alle Hauptdarsteller tauchen in jeder der sechs Geschichten auf, wenn auch nicht immer in einer Hauptrolle.
Doch worum geht es? Eine nicht wirklich einfach zu beantwortende Frage, denn die sechs Geschichten allein haben schon mehrschichtige und facettenreiche Inhalte. Wir erleben eine Schiffreise im Südpazifik, bei der ein Anwalt (Jim Sturgess) sich mit einem Sklaven (David Gyasi) anfreundet, einen Komponisten (Ben Whishaw) der seine große Liebe (James D’Arcy) verlassen muss, um bei dem alten und zänkischen Musikgenie Vyvyan Ayrs (Jim Broadbent) das Musikstück des Jahrhunderts (wenn nicht gar mehr) zu schreiben, eine investigative Journalistin (Halle Berry) die durch einen Zwischenfall im Fahrstuhl einer riesigen Verschwörung auf die Schliche kommt, einen alten Verleger (Jim Broadbent), der sich verstecken muss und sich plötzlich in einem Altenheim als Gefangener wiederfindet, eine geklonte Restaurantangestellte (Doona Bae) die zu einer Märtyrerin und Messias wird und einen etwas feigen Ziegenhirten (Tom Hanks) der eine scheinbar viel zivilisiertere Botschafterin (Halle Berry) auf einen heiligen, aber gesperrten Berg bringen soll.
Fragt man sich nun, was die Botschaft hinter dem Film ist, so bleibt man als erstes vor der schieren Größe (gern auch: Komplexität) von „Cloud Atlas“ etwas benommen gefesselt, denn eine einheitliche und übergreifende Botschaft ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Man könnte sagen, es ist ein Manifest für Freiheit und Selbstbestimmung, gegen Unterdrückung und Ausbeutung und die Bedeutung dieses Kampfes in der Menschheitsgeschichte. Interessant ist dabei, dass die scheinbar harmloseste Geschichte in der heutigen Zeit spielt, die Vergangenheit, aber insbesondere die Zukunft ziemlich grausame Orte sind.
So bleibt eine Bewertung dieses Filmes immer etwas zwiespältig. Auf der einen Seite ein gigantisches Bildwerk, ein historisches Menschheitspanorama, in der fast jede Sekunde des Films kurzweilig ist, auf der anderen Seite eine große Geschichte, die an ihrer schieren Größe zu scheitern vermag, die hinter der Wucht der Erzählung seltsam inhaltsleer bleibt. Wie eine riesige Welle die einen mitreist und dann am Strand allein zurücklässt. Trotzdem (und natürlich auch wegen der – allerdings zusammengewürfelt wirkenden – Bilder aus der Sächsischen Schweiz) ein filmisches Ereignis, dass die 165 Minuten Aufmerksamkeit wirklich lohnt.