John Irving gehört zu den großen amerikanischen Romanciers der Gegenwart. Nach vielen Jahren der Unkenntnis, war es an der Zeit auch etwas von ihm zu lesen, beeinflusste er doch Autoren wie beispielsweise T.C. Boyle.
Im Mittelpunkt der Handlung des 2015 erschienenen Werkes „Straße der Wunder“ steht Juan Diego, ein mexikanisch-stämmiger, amerikanischer Schriftsteller, der erheblich älter wirkt als er mit seinen 55 Lebensjahren ist. Das liegt zum einen an seinen Herzproblemen und mehr noch an seinem hinkenden Fuß, den er sich bei einem Unfall als Kind zugezogen hat. Es ist diese Kindheit, genauer ein kurzer Zeitraum in seinem 14. Lebensjahr, der einer der beiden Erzählebenen des Romans darstellt. Der Junge lebt gemeinsam mit seiner wunderlichen Schwester Lupe auf einem Müllplatz, doch beide Kinder haben erstaunliche Talente. Während Lupe Gedanken lesen kann, dafür aber unverständlich redet, ist es ihr Bruder, der sie als einziger in der Welt versteht, der aber sich selbst aus den weggeworfenen Büchern der Bewohner der mexikanischen Stadt Oaxaca das Lesen beigebracht hat. Dieses Talent findet die Aufmerksamkeit eines jesuitischen Mönches, Pepe, der sein Förderer wird. Der andere Ebene spielt in der Jetztzeit, genauer im Herbst 2010. Juan Diego ist ein weltweit bekannter Autor und begibt sich auf die Philippinen, weil er dort ein Versprechen aus seiner Jugend einlösen möchte. Auf der Reise dahin, geht er wenig sorgsam mit seinen Medikamenten um, gleichzeitig trifft er auf zwei sehr ungewöhnliche Frauen, Mutter und Tochter, die sehr mysteriös – geisterhafte Reisebekanntschaften zu seien scheinen.
John Irvings 2015 erschienenes Buch ist sein mittlerweile 15. Roman, der sich thematisch mit den Fragen beschäftigt, was wir aus unserer Kindheit ins Leben mitnehmen und wie diese uns prägt und unsere Weltsicht beeinflusst. Es ist ein Buch, das sehr liebevoll mit seinen Figuren umgeht, besonders mit seinem Helden Juan Diego Guerrero, der alles was er heute ist, aus den USA zu haben scheint, der aber tief im Herzen eine Hass-Liebe auf seinen Ursprung in Mexiko und die katholische Kirche hat. Auch wenn der Roman mit seinen 770 Seiten teilweise etwas zu lang vorkommt, ist er obwohl in sehr konventioneller Erzählform geschrieben, ein reflektierendes und intelligentes Buch, dass sich mit der Rolle von Motiven von Autoren ebenso auseinandersetzt, wie mit der Frage wie Religion als Institution funktioniert und letztendlich natürlich auch mit den existentiellen Fragen, wo man herkommt, was man ist und wie das so zusammengefunden hat.