Andrea lässt sich scheiden

Jahr: 2024 | Regie & Drehbuch: Josef Hader | Komödie | 90 Minuten | Location: in der österreichischen Provinz nahe St. Pölten

Betreuung steht eigentlich für eine Hilfe, die man im Regelfall jüngeren oder älteren Menschen zuteilwerden lässt, weil diese selbige benötigen. Aber in unserer wortspielreichen Welt (könnte es eine schönere Welt geben?) wird der Begriff Betreuung gern auch mal abgewandelt. In Dresden beispielsweise gibt es das äußerst erfolgreiche (und mir leider unbekannte) Format des betreuten Singens, das sich nach den mir vorliegenden Informationen insbesondere bei der hiesigen Damenwelt großer Popularität erfreut. Da hat man sich im Programmkino Ost vielleicht gedacht, mit „Betreuung“ machen wir auch was! Oder man dachte sich, mit Josef Hader machen wir was, denn im März und April gab es hier eine Filmreihe mit dem Titel „betreutes Hadern“, in der Filme des großartigen österreichischen Kabarettisten, Schauspielers und Regisseurs gezeigt wurden (und eine Gesprächsrunde mit ihm, die ich leider verpasste). In dieser Reihe lief auch Haders neuester Film, „Andrea lässt sich scheiden“, der 2024 in die Kinos kam. Zwar war der Betreuungscharakter im Film auf das Zeigen von Untertiteln reduziert (was bei einem deutschsprachigen Film aus der österreichischen Provinz schon ein wenig anmaßend erscheint, gerade in Sachsen), aber das Publikum – im überwiegend gesetzten Alter – war trotzdem zahlreich erschienen.

Andrea (Birgit Minichmayr) arbeitet in der tiefsten Provinz Niederösterreichs bei der Polizei. Gemeinsam mit dem jüngeren Kollegen Georg (Thomas Schubert) ist ihre Tätigkeit das Gegenteil von Abwechslung und Rasanz, weshalb Andrea sich in die Landeshauptstadt St.Pölten zur Kripo versetzen lassen möchte. Auf Gregors Geburtstagsfeier kompliziert sich die Lage etwas, da Andreas zukünftiger Ex-Mann Andy (Thomas Stipsits) Bemühungen ergreift, Andrea zurückzugewinnen, die aber in einer Mischung aus übermäßigen Alkoholgenuss und dilettantischen Zukunftsversprechen von Andrea abgewehrt werden. Der betrunkene Andy stolpert seines Weges nach Hause, wo er aber nie ankommen wird, da er auf offener Landstraße überfahren wird. Der Religionslehrer Hans (Josef Hader) überfährt Andy und wird für den Unfall verantwortlich gemacht, doch Andrea weiß, dass die Geschichte etwas komplizierter ist.

„Andrea lässt sich scheiden“ ist der (mindestens vom urbanen Publikum in Dresden so wahrgenommene) betrübliche Blick in die Lebenswelt der Provinz, wo die Frauen wegziehen und die Männer komischer werden (was vielleicht eine Strukturmuster oder Erkennungszeichen der Provinz ist). Als Portrait dieser, hat Haders Film allerlei vergnügliche Szenen, wirklich gut ist aber (die wie immer großartige) Birgit Minichmayr, die in dieser Erzählung von „Schuld und Sühne“ ihr Leben von Abhängigkeiten befreien will, nur um in vielleicht Größere zu fallen. Und so hadert sie mit sich und der Wahrheit, mit der Provinz und St.Pölten.

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