Jahr: 2011 | Regie & Drehbuch: Mike Cahill | Drama | 93min
„Another Earth“ erzählt die Geschichte von Rhonda Williams (Brit Marling) deren Leben ihr zu Füßen liegt. Sie ist am MIT für ein Studium zugelassen, einer Karriere scheint nicht viel im Weg zu stehen. Sie feiert das Ereignis mit Freunden und fährt leicht angetrunken nach Hause, als im Radio von einem neuen Planeten gesprochen wird, der wie die Erde aussieht und tatsächlich auch mit bloßem Auge von dieser aus, gesehen werden kann. Da lohnt sich ein Blick aus dem fahrenden Auto, doch unglücklicherweise rammt sie damit, ein an einer Kreuzung stehendes Auto des Musikprofessors John Burroughs (William Mapother), der bei diesem Unfall seinen Sohn und seine Frau verliert.
Vier Jahre später wird Rhonda aus dem Gefängnis entlassen und erfährt davon, dass John Burroughs noch lebt, der jedoch an seiner Existenz zu zerbrechen scheint. Sie will sich bei ihm entschuldigen, schafft dies aber nicht und wird seine Putzfrau. Währenddessen ist der sichtbare Planet immer noch da und die Vermutungen scheinen sich zu bestätigen, dass er so etwas wie eine gespiegelte Erde ist.
„Another Earth“ ist ein Film über Schuld, Sühne und der Suche nach Vergebung. Die Ausgangssituation des Films, dass ein Mensch voller Reue versucht, seine Schuld im Leben eines anderen Menschen wieder gut zu machen, ist nicht gerade neu, aber „Another Earth“ bringt zusätzlich ein neues inhaltliches Element hinein; die gern genommene Erzähl-Komponente einer Parallelwelt, also einer Realität, die genau wie die Unsrige ist. Ebenfalls innovativ im Film ist, dass diese Welt in Form eines ganz offensichtlichen neuen Planeten sichtbar vor der eigenen Haustür angesiedelt ist (in „Counterpart“ beispielsweise musste man zum Eintritt in die Parallelwelt durch einen mysteriösen Tunnel, der natürlich streng geheim war). Dieses Science-Fiction Element wird im Film nicht groß physikalisch erklärt (was auch ziemlich schwerfallen würde), sondern als eine Erzählidee eingeführt. Die Erzählung der Parallelwelt hat den großen Charme ein Spiegel zu sein, den man aber etwas drehen kann, in welchen man kleine Änderungen am Dasein vornehmen kann, dass man im „Hier und Jetzt“ vermasselt hat (diese Idee verfolgt auch das populäre Genre der Zeitreise von der Serie „Zurück in die Vergangenheit“ bis zu den Filmen „Zurück in die Zukunft“). Ein Verdienst von „Another Earth“ ist es nun, die Idee der Parallelwelt sozialwissenschaftlich neu darzustellen (physikalisch gesehen ist eine Parallelwelt ja nur eine mathematische Kontingenz). Der Clou der Story des Films ist (und damit kommt hier eine SPOILERWARNUNG), das eine Parallelwelt nur funktioniert, wenn beide Welten nichts von der anderen Welt wissen. In dem Moment, wo sie einander bemerken, reagieren sie aufeinander, was notwendigerweise die Parallelität bricht (man könnte hier soziologisch von „doppelter Hermeneutik“ auf einer Meta-Ebene sprechen).
In „Another World“ wird daraus ein Erlösungsszenario, dass in der „realen“ Welt nicht (mehr) zur Verfügung steht, die Möglichkeit etwas (halbwegs) zu reparieren. Dieser Gedanke ist in im Film schlüssig und auch spannend inszeniert wurden und auch die Bildersprache ist sehr ansprechend, bei diesem Drama, das Science-Fiction in den Handlungsrahmen aufnimmt, als Kniff, den unser Alltag nicht hat und die Erlösung aus nicht lösbaren Problemen. Schauspielerisch überzeugt William Mapother als durchs Leben gezeichneter Professor mehr, als die Rolle der Rhonda, die Brit Marling spielt, denn wie auch in „The OA“ ist Marling hier als geheimnisvolle, stille Frau, mit einem scheinbar brodelnden Inneren inszeniert und es ist nicht die Stärke ihrer Figur, die irgendetwas löst, sondern die Umstände der Story (der neu erscheinenden Welt) welche ein Happy End bringen (aber auch das könnte man ja interpretieren, als die individuelle Ohnmacht über den Lauf der Dinge und die Hoffnung das das Schicksal irgendwas anstellt, dass einen dann die ein oder andere Möglichkeit zum Handeln ermöglicht).