Ewald Arenz – Der große Sommer

Erschein 2021 bei DuMont mit 317 Seiten

Aus der Reihe:  aus fremden Regalen

Es ist fast drei Jahre her, da las ich das schöne Herbstbuch „Alte Sorten“ von Ewald Arenz. Jetzt ist es Sommer im Jahr 23 und da schnappte ich mir Arenz Nachfolgeroman „Der große Sommer“ der passenderweise in der warmen Jahreszeit spielt; einen ganzen Sommer lang, in den ersten Jahren der 1980ziger. „Ewald Arenz – Der große Sommer“ weiterlesen

Alice Munro – Tricks

Originaltitel: „Runaway“ | erschien 2004 | deutsche Übersetzung von Heidi Zernig 2006 bei S.Fischer | hier vorliegend als Fischer Taschenbibliothek mit 528 Seiten

Seit ich im Frühjahr „Liebes Leben“ von Alice Munro gelesen habe, war mein Wunsch, die Texte der kanadischen Nobelpreisträgerin, weiter kennen zu lernen, sehr groß. Deshalb bestellte ich mir „Tricks“, in der praktischen Hosentaschenbuchausgabe des Fischer Verlages zum überall mit Hinnehmen und Lesen.[1]

Die acht Erzählungen dieses Bandes beginnen mit „Ausreißer“ der Geschichte einer in Trümmern liegenden Beziehung und der Möglichkeit einer Ausflucht aus diesen. Der Clou der Geschichte ist aber die Frage nach der emotionalen Richtigkeit der Entscheidung. In der englischen Originalausgabe ist diese Geschichte titelgebend für den Erzählband, in der deutschen Übersetzung nicht, was ich zwar nicht verstehe, dem Band aber keinen Abbruch tut, denn die Geschichte „Tricks“, auf die ich später noch kommen werde, finde ich sogar noch ein klein wenig besser.
Die Erzählungen zwei, drei und vier stellen die Person Juliet in den Vordergrund der Handlung, wobei ich besonders auf die letzte „Juliet“-Story eingehen möchte.
„Schweigen“ allein ist ein kleines Meisterwerk. Wie bei den beiden Stories vorher, begleiten wir hier Juliet, die ihre mittlerweile erwachsene Tochter Penelope in einem spirituellen Erwachenszentrum besuchen möchte. Juliet hat Penelope seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen, so lang wie nie in ihrer beider Leben. Sie freut sich sehr auf das Wiedersehen und ist etwas ängstlich wegen der möglichen Veränderungen, welche die Zeit des Nicht-Sehens mit sich bringen könnte. Munrow entwirft auf 52 Seiten eine Biographie von Juliet, die wir schon aus den beiden vorherigen Geschichten teilweise kennen und so einzelne Details wiederfinden, um so das Puzzle, dass die Geschichte eines Menschen ausmacht, weiter zusammensetzen zu können, nur das wir hier weit in die Zukunft hineinschauen werden. Der Fokus von „Schweigen“ wird auf den Zustand des „Nicht-mehr-da-Seins eines geliebten Menschen“ gelegt, welcher Juliet zweimal im Leben ereilt. Die beiden wichtigsten Personen, die für sie existieren, verlassen Juliets Leben und wir sehen was aus diesen passiert. Dieser melancholische Text über das Umgehen mit dem Fehlen, dem Vermissen und dem Allein-Gelassen-Sein hat eine eigene Wucht. Munro stellt dafür zwei sehr unterschiedlichen Sujets gegenüber, den Tod und den Kontaktabbruch. Das macht „Schweigen“ zu einem großartigen Text über die Souveränität Entscheidungen anderer zu akzeptieren, zeigt aber auch die Konsequenzen im Leben und die tiefe innerlicher Trauer darüber.[2]
Alle drei Geschichten zusammen wurden übrigens von Pedro Almodovar als Inspiration für seinen Film „Julieta“ genommen, der damit auf meiner Filmliste aufgenommen wurde. „Alice Munro – Tricks“ weiterlesen

Jürgen Neffe – Einstein. Eine Biografie

Erschien: 2005 bei Rowohlt | hier vorliegend als Taschenbuch (2006) mit 496 Seiten

Ich bin eigentlich kein großer Freund von Biografien. Jedoch entwickle ich mich mit zunehmendem Alter zu einem Interessierten der Physik. Das hätte ich mir in der 10.Klasse mal nicht erträumen lassen, als ich Physik für die Sekundarstufe 2 abwählte, weil ich vermutete, die Teilnahme an diesem Fach könnte mich das angestrebte Abitur kosten, denn die Gefahr an einer Naturwissenschaft zu scheitern, erschien mir beträchtlich und kombiniert mit meiner Faulheit und unzureichenden Auffassungsgabe, war für mich – in der Bundesligaterminologie gesprochen – jedes Jahr ein Kampf, um den Klassenerhalt und da muss man sehen, wie man seine Schäfchen elegant ins Trockene bringt. Tatsächlich habe ich dann zwei Jahre später das Abitur geschafft, aber ganz richtig fühlt sich der Schritt Physik abzuwählen heute trotzdem nicht mehr an.
Mein Opa schenkte mir vor Jahren zu Weihnachten eine Biografie über Albert Einstein, dem nicht nur bekanntesten, sondern sicherlich auch wichtigsten Naturwissenschaftler des 20.Jahrhunderts. Im Zuge meiner sich langsam steigernden Affirmation zur Welt der Physik, dachte ich mir das Studium einer Biografie Einsteins schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe, nicht nur würde ich etwas über den großen Meister und sein Leben erfahren, ich würde wohl auch etwas zu seinem Werk lernen können und dass hoffentlich auf einer Abstraktionsebene, welche einen Lichtpunkt in die dunkle Materie meines Geistes setzen könnte. „Jürgen Neffe – Einstein. Eine Biografie“ weiterlesen

Irene Vallejo – Papyrus

Erschien 2019 unter dem spanischen Originaltitel: „El infinito en un junco. La invención de los libros en el mundo antiguo“ | deutsche Übersetzung von: Maria Meinel und Luis Ruby erschien 2022 bei Diogenes mit 746 Seiten

Im Herbst letzten Jahres war Spanien das Gastland der Frankfurter Buchmesse und zu diesem Thema wurde im wunderbaren Bücherpodcast der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Folge nur zu diesem Thema ausgestrahlt. Ein Teil der einstündigen Sendung war einem Buch über Bücher gewidmet und als selbsternannter bibliophiler Mensch erfuhr dies natürlich meine besondere Aufmerksamkeit. Die aragonesische Autorin Irene Vallejo erörtert im vorgestellten Werk eine launige Geschichte des Buches an Hand von persönlichen Eindrücken über Bücher. Als ich nun im Frühjahr ein Exemplar dieses Buches im Zweitbuch Wiesbaden sah, konnte ich nicht anders als zuzuschlagen. „Irene Vallejo – Papyrus“ weiterlesen

Succession – 2.Staffel

Idee: Jesse Armstrong | Drama-Serie | 2.Staffel von 4 mit 10 Episoden | veröffentlicht 2019 auf HBO (in Deutschland auf Wow Serien)

Es ist lange Zeit her, dass mein Sehverhalten Züge von Binge Watching aufzeigte (ich erinnere mich an „Sopranos“, „The Wire“ oder „Breaking Bad“, die ich so verschlang). „Succession“, die gerade endenden Serie über die Familie des TV-Moguls Logan Roy (Brian Cox) treibt mich dazu, möglichst schnell und viel von diesem Meisterwerk aufzusaugen, denn diese Serie ist ein Serien-Meilenstein der letzten Jahre. „Succession – 2.Staffel“ weiterlesen

Roberto Bolaño – Amuleto

Erschien 1999 im spanischen Original | deutsche Übersetzung von Heinrich von Berenberg erschien 2002 bei Verlag Antje Kunstmann (hier vorliegend als Fischer Taschenbuch) | 176 Seiten

Die Welt wird zunehmend komplexer und tatsächlich kann darin eine gewisse Langweiligkeit liegen, wenn man sich in ihrer Komplexität verliert. Wie Sie, geneigter Leser, vielleicht schon bemerkt haben, entwickle ich mich zum großen Freund des Autors Roberto Bolaño. Wie bereits an anderer Stelle vermerkt, erwarb ich Sekundärliteratur zu Bolaños Roman „2666“. Diese habe ich immer noch nicht beendet, aber in diesem kleinen Büchlein, war die Bemerkung zu lesen, dass die Zahl „2666“ im Roman „Amuleto“ genannt wird. Also habe ich habe ich mir noch schnell diesen Roman besorgt. Die Frage ist aber, auf der Suche nach was bin ich da eigentlich? „Roberto Bolaño – Amuleto“ weiterlesen

Special Correspondents

Jahr: 2016 | Regie & Drehbuch: Ricky Gervais | Komödie | 100min

Ich würde mich durchaus als Fan von Ricky Gervais bezeichnen, wobei mir insbesondere seine Stand-Up Comedy Shows (und Golden Globe Präsentationen) gefallen, die man z.B. auf Netflix ansehen kann. Da ist die Nachricht, dass Gervais im November nach Berlin kommt, natürlich verführerisch, aber als ich die Preise gesehen habe, die der Brite aufruft, war ich dann schon überrascht, dass bereits jetzt fast alle Tickets verkauft sind.[1] Auf eben genannter Plattform zeigte mir der diensthabende Algorithmus neulich eine Komödie von und mit Gervais an und da musste ich dann doch mal reinschauen, obwohl Gervais Serien und Filme dann doch nie so wirklich überzeugen und um es vorwegzunehmen, auch „Special Correspondents“ ist keine Weltklasse Unterhaltung, aber grundsolide. „Special Correspondents“ weiterlesen

Barry – 4.Staffel

Idee: Bill Hader, Eric Berg | Dramedy | 8 Folgen in finaler 4.Staffel (insgesamt 32 Folgen) | veröffentlicht 2023 auf HBO (in Deutschland auf Wow Serien)

Eigentlich hatte ich nach dem Ende der 3.Staffel von „Barry“ keine mögliche Fortführung für die Serie gesehen und dachte, damit wäre eine der klügsten und witzigsten Serien der letzten Jahre abgedreht. Aber weit gefehlt, Bill Hader und Eric Berg versorgen uns mit einem grandiosen Abschluss der Reihe über Authentizität, Schauspiel, Ruhm und Mord. „Barry – 4.Staffel“ weiterlesen

Succession

Idee: Jesse Armstrong | Dramedy | 1.Staffel von 4 mit 10 Episoden | veröffentlicht 2018 auf HBO (in Deutschland auf Wow Serien)

Das Zeitalter der Serien scheint nicht unbedingt zu Ende zu gehen, aber die glanzvollen Zeiten früherer Jahre sind es gefühlt nicht mehr. Das betrifft nicht nur meinen eigenen Serien-Konsum, sondern auch eine generelle Ermüdung des Publikums. Das liegt vielleicht weniger am fehlenden Angebot, sondern eher an dessen kaum mehr zu fassenden Größe, die so umfangreich ist, dass aus ihr die kleinen versteckten Brillanten kaum mehr sichtbar sind und lieber gar nichts mehr abruft, als sich mühevoll in eine Serie reinzuschauen.
Aber ab und an, gibt es ihn dann doch, den größeren Hype, so wie er in den letzten Wochen vermehrt, um die Serie „Sucession“ zu spüren oder besser zu lesen ist. Sowohl im amerikanischen Original auf HBO, als auch in der deutschen Version auf Wow Serien (dem ehemaligen Sky Atlantic) laufen zurzeit die letzten Episoden der Serie und diese erfahren ein großes Medienecho. Ein Grund könnte sein, dass Medien eine gewissen Faszination für Selbstreferenz haben.[1] Und Serien, die in den Medien spielen, so wie „Succession“, werden von diesen dann mit besonderer Aufmerksamkeit studiert. Aber ein Grund könnte noch wichtiger sein, es könnte auch einfach damit zu tun haben, dass „Succession“ einfach eine richtig gute Serie ist. „Succession“ weiterlesen

Heat

Jahr: 1995 | Drehbuch & Regie: Michael Mann | Thriller | 171min | Location: Los Angeles

Bevor uns dieses Jahr irgendwann einmal die klimatische Hitze erreichen sollte, entschied ich mich einen „Filmklassiker der Jahrtausendwende“ anzusehen (eine schöne Reihe, die in letzter Zeit zu kurz gekommen ist), der dann schon das Wort „heiß“ im Titel hat und außerdem die Legenden Al Pacino und Robert De Niro in einem klassischen Kugelhagelwettkampf Polizei gegen Räuber zeigt.

Neil McCauley (Robert De Niro) ist der hochintelligente Anführer einer brutal vorgehenden Räuberbande, dessen neuster Coup der Überfall auf einen Geldtransporter ist. Doch er und seine Gangmitglieder Chris (Val Kilmer), Michael (Tom Sizemore) und Trejo (Danny Trejo) benötigen bei dem Coup die Hilfe des neuen und etwas emotional überreizt agierenden Waingro (Kevin Cage). So enden die Geschehnisse blutig und Neil ist alles andere als erfreut über den Ablauf.
Die LAPD wird an den Tatort gerufen und in Person von Lieutenant Vincent Hanna (Al Pacino) wird die Suche nach den Kriminellen aufgenommen. Nun startet ein Duell zwischen Superverbrecher und Supercop. „Heat“ weiterlesen