Christian Kracht – Die Toten

In seinem 2016 erschienenen Roman „Die Toten“ erzählt Christian Kracht von der Entstehung eines Filmes. Wir befinden uns in den ersten Jahren der 1930er Jahre und der Schweizer Regisseur Emil Nägli wird gefragt, ob er einen vollkommen neuartigen Film machen könnte, der den Einfluss Hollywoods zugunsten des deutschen Kinos verblassen lassen soll. Amakasu Masahiko, ein japanischer Beamter, von den Vorzügen der eigenen Kultur und Nation überzeugt, sieht in einem gemeinsamen japanisch-deutschen Filmprojekt die Möglichkeit eine Kulturachse des Zelluloids entstehen zu lassen. „Christian Kracht – Die Toten“ weiterlesen

T.C. Boyle – World’s End

Der große amerikanische Roman, wenn man denn eine solches Sujet in der Literatur verorten möchte, versucht die DNA der USA aufzuspüren, zu zeigen, was dieses Land antreibt, aufhält, bewegt, erregt, kurz was es heißt „Amerika“ zu sein. T.C. Boyles dritter Roman, aus dem Jahr 1987 kann man ziemlich gut in diesem Themenbereich verorten, denn er spielt nicht nur an der amerikanischen Ostküste, sondern beschreibt den Zustand der USA anhand von zwei sehr unterschiedlichen Zeitpunkten. Im 17. Jahrhundert und in der Zeit der Hippies um 1968. „T.C. Boyle – World’s End“ weiterlesen

Philip Roth – Nemesis

Wir schreiben den heißen Sommer 1944. Die Jungs und ein paar Mädchen, des hauptsächlich von Juden bewohnten Viertels Weequahic in Newark, spielen auf dem Sportplatz. In der Umgebung hat es schon einige Fälle von Polio gegeben, der Krankheit für die es bis in die 1950er Jahre keine Impfung gab, die in schlimmen Fällen zur Verstümmlungen von Gliedmaßen oder gar zum Tode führen kann und die bevorzugt bei jungen Menschen auftritt, weshalb auch der Name „Kinderlähmung“ für die Krankheit gebräuchlich ist.
Bucky Cantor, ein dreiundzwanzigjähriger Sportlehrer, der wegen seiner starken Sehbehinderung nicht zur Armee und damit auch nicht in den 2.Weltkrieg ziehen musste, wie seine beiden besten Freunde, hat die Oberaufsicht auf den Sportplatz. Er wird von den Jungen auf dem Sportplatz wegen seiner ruhigen und sportlichen Art geliebt und gilt als großes Vorbild, weil er nicht nur unverwundbar und besonnen wirkt, sondern stets Pflichterfüllung und Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen ausstrahlt.
Eines Tages erreichen einige ungestüme Jugendliche aus einem italienischstämmigen Viertel den Sportplatz und provozieren mit der eigentlich nicht ernstzunehmenden Behauptung, hier die Polio einschleppen zu wollen. Bucky bleibt ruhig und kann sie Kraft seiner natürlichen Autorität vertreiben. „Philip Roth – Nemesis“ weiterlesen

Daniel Schönpflug – Kometenjahre. 1918: Die Welt im Aufbruch

Das Ende des 1.Weltkrieges ist greifbar nahe, das große Schlachten scheint vorbei, die Welt steht vor dem Aufbruch zu neuen Ufern. Nationen sollen, aufgerufen vom US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, ihre Unabhängigkeit einfordern, Monarchen verjagt werden, Frauen endlich wählen können… „Daniel Schönpflug – Kometenjahre. 1918: Die Welt im Aufbruch“ weiterlesen

Laura Spinney – 1918. Die Welt im Fieber

Die Grippezeit scheint langsam abzuebben für dieses Jahr. Vor 101 Jahren jedoch, war nur die erste Welle einer Grippeepidemie über die Welt gezogen, die in den nachfolgenden Monatennoch zweimal über den Planeten rollen würde und welche die tödlichste Pandemie der Menschheitsgeschichte darstellte. Ganz genau Zahlen kann man nicht aussagen, aber die Spanische Grippe hat wohl mindestens 50 Millionen Menschen das Leben gekostet, es ist wahrscheinlich, dass er aber eine höhere Opferzahl gab. Außer in Europa, haben alle anderen Kontinente mehr Menschenleben durch die Grippewelle zu beklagen, als durch den 1.Weltkrieg. Doch während es unzählige Bücher und Dokumentationen zum 1.Weltkrieg gibt, sind die Arbeiten über die Spanische Grippe übersichtlich in ihrer Anzahl. „Laura Spinney – 1918. Die Welt im Fieber“ weiterlesen

T. C. Boyle – Wassermusik

Es sind turbulenten Zeiten, in die uns T.C. Boyles Debütroman aus dem Jahr 1982 einlädt. Er führt uns in die Epoche kurz nach der französischen Revolution, wobei sich der Blick auf England richtet. Dort überzeugt Mungo Park die hiesige Afrikagesellschaft, der richtige Kandidat zu sein für eine waghalsige Expedition auf den schwarzen Kontinent. An der Wende zum 19. Jahrhundert war der Fluss Niger, übrigens der Drittlängste des Erdteils, zwar in Europa bekannt, aber kein Weißer war je zu ihm vorgestoßen und man war sich geografisch vollkommen unschlüssig, wohin dieser geheimnisvolle Strom fließen würde. Vorherige Expeditionen war aus diversen Gründen gescheitert – jedoch immer tödlich gescheitert –  und so ruhen die Hoffnungen auf den jungen Schotten Parks, der seine Verlobte Allie in Nord-Britannien zurücklässt, um sich ins afrikanische Abenteuer zu stürzen, wo er die Hilfe von Johnson in Anspruch nehmen kann, einen durch seine, teilweise sehr tragischen Lebensumstände, mit der europäischen Kultur in intensiven Kontakt gekommenen, Mandingo-Einwohner.
Ned Rise wiederum lebt auf den Straßen Londons, auf denen es in jenen Jahren hart, rau und schmutzig zuging. Seine notleidende Kindheit macht ihn erfinderisch und so lebt und überlebt er den keinesfalls einfachen Alltag der Jahrhundertwende. Doch immer wenn sich für ihn ein Ausweg aus Armut und Hunger zu eröffnen scheint, stürzt er wieder in ein anderes Unglück, denn sein größtes Talent scheint zu sein, zu überleben. „T. C. Boyle – Wassermusik“ weiterlesen

Jörg Lauster – Die Verzauberung der Welt. Eine Kulturgeschichte des Christentums

Unser – scheinbar momentan ständig vom Untergang bedrohtes, wenn man zeitgeistigen Mahner Gehör schenken sollte – Abendland ist geprägt von der christlichen Religion, welche die letzten 2000 Jahre maßgeblich zur kulturellen Formung in Europa und weit darüber hinaus beigetragen hat. Jörg Lauster hat dazu eine Kulturgeschichte vorgelegt, die für alle (ob nun Christen oder Nicht-Christen) äußerst lesenswert ist. „Jörg Lauster – Die Verzauberung der Welt. Eine Kulturgeschichte des Christentums“ weiterlesen

Adrian Franke – American Football. Alles, was man wissen muss

Vor nun schon vier Jahren sah ich mein erstes Football Spiel. Auf Einladung zweier Freunde wurde bis spät in der Nacht der Super Bowl im Fernsehen geschaut. Nach einer Halbzeit hatte ich so ungefähr raus um was es geht und am Ende wurde das Spiel aufregend und äußerst spannend, auch wenn die Falschen letztendlich das Spiel gewannen. Ich bin diesen beiden Freunde sehr dankbar, dass sie mich zu dieser tollen Sportart gebracht haben und seitdem sind meine Sonntagabende von September bis Januar fest für die Footballübertragungen (allerdings lieber auf dazn als auf ran) reserviert. „Adrian Franke – American Football. Alles, was man wissen muss“ weiterlesen

Jonathan Letham – Der Garten der Dissidenten

Es sind diese 1€ Wühlkisten, die mich anziehen. Allerdings nur, wenn Bücher zu erwühlen sind. Als Kind habe ich Papier beim Sero-Händler abgegeben und dafür sogar Geld bekommen. Heute bin ich mir nicht mehr sicher, ob der Wert des Papiers nicht schon höher ist, als der Preis jedes einzelnen Buches. Das stimmt nachdenklich über die Marktwirtschaft, macht mich als Kunden aber froh, vielleicht kann ich etwas Billiges erwühlen. Nachteil der 1€ Wühlkiste, neben der fehlenden Übersicht und Ordnung, ist die große Anzahl an Büchern, bei denen mir klar ist, warum sie keiner kaufen will, wobei man dann gegen rechnen muss, dass im gegenwärtigen Kapitalismus Produkte verkauft werden, bei den man nicht für möglich halten würde, dass tatsächlich auch nur ein einziger Cent dafür transferiert wird.

Doch da – Jonathan Letham – Amerikaner – Könnte was sein – Ich treten einen Schritt zurück (Bücherwühlkisten sind nie besonders belegt) und studiere schnell seinen wikipedia-Eintrag – Oha, Nachfolger von David Foster Wallace an Pomona College für Creative Writing – Überzeugt, ab zur Kasse! „Jonathan Letham – Der Garten der Dissidenten“ weiterlesen

Martin Walser – Brandung

Einige Jahre sind nach der Lektüre von „Ein fliehendes Pferd“ von Martin Walser ins Land gegangen und seit diesem Zeitpunkt war meine Aufmerksamkeit auf seinen Roman „Brandung“ gelegt worden, denn die Geschichte der beiden Hauptcharaktere Helmuth und Sabine Halm wird darin wieder aufgenommen. Diesmal jedoch verbringen die Beiden keinen Urlaub am Bodensee, sondern gehen für mehrere Monate nach Kalifornien.
Helmuths alter Studienfreund Rainer Meersjohann bittet ihn kurzfristig für ein Semester einzuspringen, da die eigentlich vorgesehene Lehrkraft nach dem Besuch eines privaten Skatabends der anderen Lehrkräfte kurzfristig abgesprungen ist. Obwohl Sabines Mutter erst vor kurzen einem Krebsleiden erlag, gelingt es den Plan umzusetzen und an der Westküste der USA das Leben in Deutschland, wann auch nur für eine Zeit, hinter sich zu lassen, was insbesondere den mittlerweile 55-jährigen Helmuth entgegen kommt, denn seine Existenz als Lehrer an einem Stuttgarter Gymnasium ärgerlich anstrengend geworden ist, da ihm die Kollegenschaft, insbesondere Vizedirektor Kiderlen mit ihrer frischen Art nerven. Helmuth, Sabine und die jüngst von ihrem Lebenspartner verlassene und daher zu Antriebslosigkeit neigende Tochter Lena fliegen nach Oakland und können dort in einem etwas eigenwillig eingerichteten Professorenhaus wohnen. Der Neustart kann beginnen! Meersjohann jedoch, den Helmuth als strahlenden Lebemann in Erinnerung hatte, ist zu einem dicklichen Alkoholiker geworden, dessen Ehe gescheitert ist. Die zwei Kurse an der wundervoll gelegenen Universität, die Halm übernimmt, verlaufen nicht wirklich schlecht und schließlich ist da die 22-jährige Fran, deren Verhalten ihr Dozent als Avancen liest und sich dabei gleichzeitig Hals über Kopf in seine Studentin verliebt. Und so springt Helmuth beim ersten Familienausflug ans Meer in den Pazifik und die Brandung erwischt ihn voll, wirbelt ihn durchs Wasser und spült ich ihn wieder am Strand aus. „Martin Walser – Brandung“ weiterlesen