Ich bin kein Auto-Narr. Aber ich schaue ab und an mal Formel 1. Früher mehr, heute weniger (liegt das am Alter?). Meine Aufmerksamkeit begann mit dem Einstieg von RTL in die Rennserie in den frühen 90ern, und mit dem bald darauf einsteigenden Michael Schuhmacher ins rasante Kreisel-Drehen. Ein erstes einschneidendes Erlebnis, dass mir in Erinnerung bleib, war dann die Jugendherbergsfahrt unserer Klasse 9-4 im Jahre 94 nach Oberstdorf. Ich erinnere mich im Grunde an fast gar nichts mehr, außer daran, dass ich in den Schlagzeilen der Bild-Zeitung (nicht gekauft, nur kurz überflogen) erfuhr, dass Rubens Barrichello einen schweren Unfall beim Training für das Rennen in Imola hatte. Als wir am nächsten Tag, einen Samstag, nach Hause fuhren und den Bus bestiegen, erfuhren wir (also wir Jungs, ich kann mich nicht an ein Mädchen in unserer Klasse erinnern, die auch nur irgendein Interesse an Sport hatte), das es sogar einen Toten gab. Logischerweise dachten wir, dass Barichello an den Unfallfolgen verstarb, doch es war der jungen Österreicher Ratzenberger der beim Training einen noch schwereren Crash hatte, so dass er noch auf der Strecke für Tod erklärt wurde. Tags darauf war das Rennen, was ich auch nicht sah, wegen eines Fords. Meine Eltern hatten in den Tagen meiner Abwesenheit in Bayern, einen Neuwagen erworben und dieser wurde einer Einweihungsfahrt unterzogen. Ich bin mir nicht sicher, aber es muss in Höhe des Albertplatzes gewesen sein, als wir im Autoradio vom schlimmen Unfall Aryton Sennas hörten. Auch der dreimalige Weltmeister erlebte das Ende des Sonntages nicht mehr. Zwei Tote und ein Schwerverletzter waren das schlimmste Wochenende der Formel 1 Geschichte und meine erste Erinnerung an ein komplettes Rennwochenende. „Wolf Haas – Ausgebremst. Der Roman zur Formel 1“ weiterlesen
Kategorie: Literatur
Daniel Kehlmann – Wo ist Carlos Montúfar? Über Bücher
Ich mag Bücher und ich mag Bücher von Daniel Kehlmann. Was läge da näher als ein Buch von Daniel Kehlmann über Bücher zu lesen? Nun gut, sie haben Recht, dass liegt nicht unbedingt Nahe, denn Bücher über Bücher müssen nicht gleich auch gute Bücher sein. Aber ich mag es eben auch, wenn über Bücher geredet wird (im Fernsehen bleibe ich beim Zapping meistens an Buchsendungen hängen). Ich bin mir über meine persönlichen Hintergründe da gar nicht so sicher. Mag ich es, weil man neue Werke vorgestellt bekommt und damit seine Leseliste auffüllen kann (die allerdings die unangenehme Eigenschaft hat immer voller, statt leerer zu werden, umso älter man wird)? Oder mag ich es, weil diese Buchvorstellungen wie Werbung für Anteilsscheine am kulturellen Kapital sind und mit erfolgter Lektüre man ein bisschen mehr auf dem Konto hat (und in dem hier vorliegenden Artikel natürlich auch noch so eitel ist, dass einer diffusen Anzahl von Lesern als Information darzureichen)? Oder mag ich es, weil es eben doch unglaublich gute Bücher gibt, weil sie erzählen wie die Wirklichkeit ist und dabei komplett erfunden sein können? Es wird wohl an allen drei und wohl noch mehr Faktoren liegen. „Daniel Kehlmann – Wo ist Carlos Montúfar? Über Bücher“ weiterlesen
Thomas Glavinic – Das bin ja ich
Erst kürzlich beendete ich Glavinics Buch „Die Arbeit der Nacht“, von dem ich nicht wirklich begeistert war. Was liege ferner, als gleich noch einen Roman vom Österreicher zu lesen? (Beantworten Sie sich diese Frage bitte selbst) Aber wie wäre es mit einem Roman, der beschreibt, wie der gerade gelesene Roman fertiggestellt ist und jetzt auf Veröffentlichung wartet. In „Das bin ja ich“ beschreibt Glavinic (allerdings nicht in der Form eines Berichts, sondern eines Romans), was nach der Fertigstellung von „Die Arbeit der Nacht“ passiert. Das fertige Manuskript liegt also bei seiner Agentin und diese sucht einen Verlag für ihn. Währenddessen verkauft Glavinics Freund Daniel Kehlmann tausende von Exemplaren seines neuen Romans „Die Vermessung der Welt“ und scheint immer irgendwo in der Weltgeschichte, bei bekannten Persönlichkeiten zu verweilen. Zu Hause warten Glavinics Frau Else und sein Sohn Stanislaus auf ihn. Und wie immer wenn er ein Buch zu Ende geschrieben hat, und die Arbeiten zu einem Neuen noch nicht aufgenommen hat (selbstreflexiv kommt der Roman in sich allerdings allenfalls indirekt vor), weiß er nicht wie es weiter gehen soll und so streift er durch Wien und man erfährt einiges aus dem Leben eines Autoren. „Thomas Glavinic – Das bin ja ich“ weiterlesen
Roger Willemsen – Der Knacks
Als im Februar Roger Willemsen bei den Dresdner Reden sprach, war ich in Frankfurt Dynamo gegen den bornheimschen FSV beobachten. Im Grunde war dies etwas ärgerlich, denn ich hätte mir sehr gern Willemsen angehört, noch dazu war auch das Spiel von Dynamo eine riesige Enttäuschung, denn obwohl souverän geführt, verloren die Schwarz-Gelben die Partie und bekamen einen Knacks für den Rest der Saison, der ja bekanntermaßen zum Abstieg führte. Mein Vater jedoch ging zu Willemsen, war beeindruckt und kaufte sich ein Buch, um es sich signieren zu lassen. Dieses Buch mit dem Titel „Der Knacks“ fiel mir just in jenen Tagen in die Hände, als das Knacken im Knie meinen Bücherkonsum steigerte und mir eine passende Lektüre schien. „Roger Willemsen – Der Knacks“ weiterlesen
Thomas Glavinic – Die Arbeit der Nacht
Als ich letztes Jahr zur Buchmesse in Frankfurt bei der Veranstaltungsreihe „Open Books“ war, so kamen die Beweggründe vorwiegend aus einem großen Interesse für Thomas Glavinic heraus, der mit seinem Roman „Das größere Wunder“ auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis stand. Ich kannte den Namen Glavinic schon, wusste aber nicht mehr genau woher, ob aus der Zeitung oder von verdrängten Buchrezessionen. Auf jeden Fall war er mir sympathisch bei seiner Buchpräsentation, nur leider fand ich, das eigentlich Präsentierte, nämlich Auszüge aus „Das größere Wunder“ viel weniger spannend und interessant als die Texte von Peter Stamm, der unmittelbar vor Glavinic vorgetragen hatte. Trotzdem riss mein Interesse nie ganz ab, denn wer lässt sich schon negativ von einem 10minütigen Vorlesen etwas ganz vergrätzen. In diesem Sommer, der dem körperlichen Gebrechen Tribut zollen muss und dadurch jede Menge Zeitreserven bereit hält, bestellte ich mir eines der älteren Werke von Glavinic, wie immer bei einem Internet 2.Hand Buchladen (was mir übrigens für meinen Lieblingsbuchhändler irgendwie Leid tut, aber trotzdem viel billiger ist). „Thomas Glavinic – Die Arbeit der Nacht“ weiterlesen
Daniel Kehlmann – Ich und Kaminiski
Selten wurde die Figur einer „dummen Sau“ mal so treffend beschrieben wie in Kehlmanns Roman „Ich und Kaminski“. Wir begleiten dort Sebastian Zöllner, der sich als Kunstjournalist einen Namen machen möchte. Dafür hat er einen schönen Plan entwickelt. Er möchte eine Biographie über den Maler Manuel Kaminski schreiben, früher einmal berühmt, jetzt aber vollkommen erblindet und kurz vor seinem Tod stehend. Für Zöllner die Möglichkeit mit dem baldigen Ableben des alten Mannes, sofort mit dem richtigen Buch auf den Markt zu kommen.
Zöllner ist die „dumme Sau“, wie sie im Buche steht. Eitel und von solcher Selbstüberschätzung das einen bei Lesen der Mund offen stehen bleibt. Fehler machen für ihn selbstredend nur die Anderen und das wird denen von Zöllner sofort auch klar gemacht. Seine eigenen Handlungen und Kommentare sind dafür aber immer lustig und sehr gewieft, zumindest sieht er es selbst so und hat keine Probleme, dass anderen Leuten breit ausschmückend mitzuteilen. Und so trifft dieser Jung-Egomane auf Kaminski. Dieser war selbst einmal ein verschrobener Ich-fixierter Malerkauz, der immer irgendwie vor seinem ganz großen Durchbruch stand, heute jedoch nur noch eine Mischung aus Senil und Verschlagen ist und dessen größte Begabung es neben dem Malen ist, andere Leute sich von ihm abhängig zu machen. „Daniel Kehlmann – Ich und Kaminiski“ weiterlesen
Peter Stamm – Agnes
„Agnes“ ist der Debütroman des Schweizer Schriftstellers Peter Stamm aus dem Jahr 1998. Das ich seine Kurzgeschichten sehr mag, erwähnte ich bereits. So ist es an der Zeit auch mal sein Romanwerk näher zu betrachten und da kam es gerade Recht, dass der Roman nicht nur mir empfohlen wurde, sondern auch recht günstig im 2.Hand-Internetladen zu haben war.
Bei „Agnes“ haben wir nicht direkt einen Liebesroman vorliegen, auch wenn es um eine Liebesbeziehung geht und zwar die, eines Schweizer Sachbuchautoren (gleichzeitig der Ich-Erzähler) und einer amerikanischen Promotionsstudentin, die sich beide in einer Bibliothek in Chicago treffen. Wir verfolgen den Werdegang ihrer Beziehung und ihr Scheitern. Oberflächlich ist damit auch schon der Inhalt nacherzählt, trotzdem ist „Agnes“ ein bewegendes und vielschichtiges Buch, dass sich nicht für eine schnelle oder einseitige Interpretation des Inhalts eignet. „Peter Stamm – Agnes“ weiterlesen
Jörg Kachelmann, Siegfried Schöpffer – Wie wird das Wetter?
Es gibt Sachen in unserem Leben, die sind immer da, ob man nun in größter Einsamkeit oder trubelnder Geselligkeit ist. Das Wetter ist so etwas, denn ohne es geht es nicht. Es ist nebenher noch ein wunderbarer Gesprächsfüller, denn jeder kann eigentlich immer etwas zum Wetter sagen. Interessanterweise ist es auch für mich der einzige Grund früh mal kurz das Morgenmagazin (aber nur das auf der ARD) anzuschalten, um die Kleiderordnung des Tages zu bestimmen oder das Wochenende zu planen. Fazit: Wetter ist immer da, das Wissen darum wie es sich in den nächsten Stunden darstellt, ist nicht belanglos und kann hilfreich sein und als Konversationsthema ist es eigentlich immer brauchbar (ich erinnere mich beim Zivildienst fast jeden Besuch der alten Damen und Herren mit einer Wetterfloskel begonnen zu haben).
Jetzt ist das Wetter aber mehr als nur schlecht oder gut, Regen oder Sonne. Da gibt es verschiedene Wolkenformationen, Kalt- und Warmfronten, Hagel, Schnee und Regen, und allerlei Windstärken aus unterschiedlichen Richtungen. Kurz zusammengefasst, es gibt eine Menge Sachen zu beobachten. Deshalb wurde es Zeit mal etwas mehr über das Wetter zu erfahren, als ich das Büchlein „Wie wird das Wetter“ von Deutschlands bekanntestem Meterologen Jörg Kachelmann für den fast nicht zu verbessernden Preis von 0,01€ (eine unbenutzte aber schon 2004 herausgegebene Ausgabe) sah und es natürlich erwarb. Es handelt sich dabei um ein eigentlich in den 1960er Jahren aufgelegtes Werk von Siegfried Schöpffer, das überarbeitet und ergänzt wurde. „Jörg Kachelmann, Siegfried Schöpffer – Wie wird das Wetter?“ weiterlesen
Javier Marías – Die sterblich Verliebten
Da von Zeit zu Zeit ein Roman von Javier Marías sehr anregend wirken kann, war im sich fortsetzenden Frühjahr sein letzter Kassenschlager „Die sterblich Verliebten“ dran, aus dem Regal gezogen zu werden (wo das Buch schon seit dem Herbst lag).
Der Leser begleitet Maria Dolz, eine Verlagslektorin in der Mitte ihrer 30er Jahre, die jeden Tag im selben Cafe ihr Frühstück einnimmt. Dabei beobachtet sie Tag ein, Tag aus, ein verheiratetes Paar, welches der gleichen Routine nachgeht. Obwohl man nie miteinander spricht, nicht mal grüßt, kennt man sich vom Sehen. Bis das Paar nicht mehr kommt und Maria erfährt, dass der Mann einem Mord zum Opfer gefallen ist. Noch einmal sieht Maria die jetzt in Trauer lebende Witwe, und erfährt deren Namen, Luisa. Diese lädt sie zum Abendessen ein, wo Maria den guten Freund der Familie Javier Diaz-Varela kennenlernt. „Javier Marías – Die sterblich Verliebten“ weiterlesen
Ian McEwan – Solar
Erst vor wenigen Tagen habe ich in den Nachrichten gelesen, dass der Zustand unserer Welt klimatechnisch betrachtet sehr ernst ist (als Neuigkeit kam bei mir diese Information nicht an, eher als Bestätigung des schon Gewussten). Es sieht überhaupt nicht gut aus, aber wenn wir uns radikal ändern ist noch etwas zu machen, so könnte man es kurz zusammen fassen.
Nimmt man sich den Roman „Solar“ von Ian McEwan zur Hand, so stößt man auf eine wunderbare Allegorie für diesen Zustand der Erde beim Haupthelden der Handlung des Buches. In „Solar“ steht der Nobelpreisträger Michael Beard im Mittelpunkt und wir begleiten ihn dabei, wie er auf der einen Seite mit einem neuen revolutionären Projekt das Klima auf unserer Welt retten möchte und lesen auf der anderen Seite die Verfallsgeschichte eines in die Jahre gekommenen Physikers.
Beard hat nun schon vor einigen Jahren den Nobelpreis erhalten, statt zu Forschen, organisiert er Projekte, treibt Fördergelder auf und stellt seinen Namen zur Verfügung, um erfolgreich zu erscheinen. Gleichzeitig lebt er sein individualisiertes Leben so gut er kann. Gerade scheint seine fünfte Ehe zu scheitern, weil der eher zu klein geratene Beard, der alles andere als ein attraktives Äußerliches hat, mal wieder die eine Affäre zu viel hatte. Glücklich ist er darüber, dass bei all den Beziehungen, nie ein Kind zur Welt kam, was ihn mit Verpflichtungen einschränken würde. Sein Lebensziel scheint zu sein, wann immer es notwendig wird, sich zurückziehen zu können. „Ian McEwan – Solar“ weiterlesen