In seinem 2016 erschienenen Roman „Die Toten“ erzählt Christian Kracht von der Entstehung eines Filmes. Wir befinden uns in den ersten Jahren der 1930er Jahre und der Schweizer Regisseur Emil Nägli wird gefragt, ob er einen vollkommen neuartigen Film machen könnte, der den Einfluss Hollywoods zugunsten des deutschen Kinos verblassen lassen soll. Amakasu Masahiko, ein japanischer Beamter, von den Vorzügen der eigenen Kultur und Nation überzeugt, sieht in einem gemeinsamen japanisch-deutschen Filmprojekt die Möglichkeit eine Kulturachse des Zelluloids entstehen zu lassen.
„Die Toten“ ist wie immer bei Christain Kracht ein durchgehend zu lesender Roman, der sich jedoch plötzlichen und schnellen Interpretationen entzieht, sondern erstmal von seiner Atmosphäre lebt. Er spielt in den Zeiten, als große Ideologien die Welt zu transformieren bereit waren und dabei immer einen nationalen Chauvinismus ihren Gedanken beigaben. Kracht erzählt von den Bemühungen der Ideologen auch das Kino für ihre Einflüsse zu gewinnen, um gesellschaftliche Veränderungen durch einen kulturellen Imperialismus auf der Leinwand auszulösen. Gleichzeitig beschreibt er die Situation von Kunstschaffenden oder vielleicht besser von Menschen, die Kunst als etwas höheres als plumpe Beeinflussung verstehen und die in die Zwickmühle geraten, ihren künstlerischen Ausdruck den Bemühungen der Mächtigen und Investoren anzupassen.
„Die Toten“ ist dabei ein Roman für Kino-Fans, der sich der eben beschriebene Frage widmet, wie Ideologien das Kino, unser Sehen und damit auch unsere Welt durchdringen und wie frei neue Sichtweisen und Erzählungen von Kunst sind oder sein können. Das macht Kracht wie immer in seiner Art Geschichten zu erzählen, als unbeteiligter Beobachter weiträumig und offen für Interpretationen, der fast schon unbewusst von dem großen kulturellen Muster unserer Gesellschaft spricht.