Kemal Arslan ist zurück in seinem Heimatviertel Hawaii, einem Stadtteil von Heilbronn, der von vielen Migranten geprägt ist. Er ist erst 21 Jahre alt, hat aber schon so einiges erlebt. Er war Fußballprofi in der Türkei, aber durch einen Unfall ist seine Karriere ruiniert und so steht die Frage im Raum, was er mit dem Rest seines Leben noch anfangen soll. Wir begleiten ihn vier Tage durch die Sommerhitze Heilbronns, wo die Trinkwasserprobleme als Symbol für eine größere Krise erscheinen, in einer Stadt, wo sich die Stimmung nicht nur wegen der Temperaturen immer weiter aufheizt.
Acar, der dafür bekannt wurde 111 Gründe zu finden Hip Hop oder einen speziellen Istanbuler Fußballverein zu lieben, legt mit seinem ersten Roman nicht nur ein Werk über die Sinnsuche im Leben eines jungen Mannes vor, das wäre tatsächlich recht unoriginell. Hauptfigur Kemal steht vor den Fragen des Lebens, Beruf, Liebe und der Frage zu wem, zu welcher Gruppe oder Person man gehört. Diese letzte Frage macht das Buch sehr spannend zu lesen, denn es ist aus der Perspektive eines Deutsch-Türken in Deutschland geschrieben, dessen Lebensfragen eben auch den Punkt berühren, wie sich Individualität an Gruppenidentitäten messen muss. Dabei problematisiert der Roman die Tatsache, dass der Begriff der Heimat hier fluid ist, nämlich Heilbronn, die Türkei und Deutschland berührt und zeigt eine Art Kulturkampf auf, wo das Denken in ethnischen Gruppen bestimmend ist und von allen Seiten vorangetrieben wird. Leider ist diese Konfliktsituation eine aktuelle und realistische Sicht der Dinge.
Allerdings sind die Einsichten, die uns „Hawaii“ vermittelt dann doch eher überschaubar. Das liegt an der zwar sehr authentischen Sprache, die sich dem Vokabular eines 21-Jährigen bedient, die aber ärgerlich platt zu lesen ist. Es liegt ebenso am recht eklektischen Storytelling des Romans, der von einer Geschichte zur Nächsten eilt, ohne dass dabei eine Linie erkennen zu wäre. Während sich einige Geschichten stark an gängigen Klischees orientieren, schafft Acar es aber auch, starke Szenen zu erschaffen, die verbunden mit der für deutsche Literatur nicht gerade häufigen Perspektive, einen lesenswerten Roman hervorbringen.