Originaltitel: „The Naked Gun“ | Jahr: 1988 | Regie: David Zucker | Drehbuch: ZAZ (Jerry Zucker, Jim Abrahams, David Zucker) | Slapstick-Komödie | 81min
Die von mir gelegentlich besuchte kleine Filmakademie im Kraftwerk Mitte bot diesen Januar einen Kurs an, der sehr verheißungsvoll klang, „In Trash We Trust“, verbunden mit der Vorführung des von mir seit Teenager-Jahren hochgeschätzten Komödienhighlights, „Die nackte Kanone“. Es sollte ein kurzweiliger, aber nicht unbedingt informativer Abend werden, der mir nicht wirklich erhellte, was einen Trashfilm ausmacht bzw. wo genau die Abgrenzung zu anderen Genres liegt. Die beiden Vortragenden der Akademie begannen ihren Abend damit festzustellen, dass sie einer Einordnung oder Abgrenzung definitorisch nicht liefern können und boten dem Auditorium stattdessen eine interaktive Trash-Filmquiz Runde an, im Format von Jeopardy. Als eitler Autor dieser Zeilen gebe ich zu, verleitet gewesen zu sein, aus dem zahlreich vorhandenen Publikum herauszutreten und mich an einen der drei, extra herangeschafften, Quizbuzzer zu begeben und ich kann mich nur bei meiner Schüchternheit bedanken, dies nicht getan zu haben, denn alle drei mehr oder weniger langsam hervortretenden Kandidaten, waren weitaus gebildetere Filmkenner (mindestens des Trash-Genres, höchstwahrscheinlich aber über den diffusen Filmbereich hinausgehend) und errieten jede Menge Filmtitel von deren Existenz ich nur marginal, vom Hören-Sagen, oder gar keine Ahnung hatte.
Trotz des sehr unterhaltsamen Abends gebe ich zu, minimal enttäuscht gewesen zu sein,[1] denn in mir wuchs die Frage, was eigentlich Trash-Filme ausmachen. Die Hinweise, dass diese entweder über ein geringes Budget verfügen oder bewusst eine schlechte Optik, Handlung, schauspielerische Leistung oder ähnliches besitzen, oder andere Filme bzw. gesellschaftliche Zustände parodieren, hilft da nicht weiter, denn dann wird die Subsumierung des Gegenstandes recht schnell beliebig und ich war etwas überrascht, Filme wie „Das Leben des Brain“[2] oder „Big Lebowski“[3] an einem Trash-Film-Abend präsentiert zu bekommen.
Ich möchte (und vor allem: kann) an dieser Stelle keine alternative Definition des Trashfilms anbieten,[4] aber ich will diese Zeilen nutzen, um etwas zum Erfolgsrezept von Filmen wie „Die nackte Kanone“ zu sagen, die maßgeblich davon leben, als Parodie unzählige Referenzen aufzuzählen und später wieder als Referenz zu dienen. Die Geschichte um Spezialagent Frank Drebin (Leslie Nielsen), seinem stets in Unfälle verwickelten Partner Nordberg (O.J.Simpson), seinem Chef Ed (George Kennedy), seiner Geliebten Jane (Priscilla Presley) und seines Feindes Ludwig (Ricardo Montalbán) sei an dieser Stelle nicht weiter referiert, denn sie ist tatsächlich unwichtig und gibt der Komödie nur einen Rahmen, in welchem man das Gag-Feuerwerk zünden kann.
„Die nackte Kanone“ hat mich schon als junger Zuschauer Anfang der 1990er Jahre begeistert. Viele der Gags funktionieren, weil sie auf andere Filme, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder andere Kontexte referieren. Einige Beispiele: es gibt im Film die Rolle der Queen von England (Jeanette Charles), welche natürlich eine große Ähnlichkeit mit der tatsächlichen Queen Elizabeth II. in jenen Jahren hat und die durch das tollpatschige Verhalten von Frank Drebin in wenig royale Situationen gerät. Andere Referenzen betreffen andere Filme, so wie die Szene im Schlachthaus, die sich auf Tim Burtons „Batman“ bezieht, oder ein im Hafenbecken schwimmender weißer Rahmen, der eine Leichenfundstelle markieren soll und damit Krimis persifliert. Und wir haben Cameo-Auftritte, wie den von „Weird Al“ Yankovich, Dr. Joyce Brothers[5] oder Reggie Jackson. „Die nackte Kanone“ nimmt diese Erkennungsmöglichkeiten so zahlreich auf, dass der Film fast zu einem Puzzle oder Suchspiel wird, der auch noch in den kleinsten Ecken der Kulissen, Anspielungen oder Referenzen und ähnliches besitzt, so dass die „Nackte Kanonen“ nicht nur wegen seiner Gags mehrmals geschaut werden kann (wie in meinem Fall) und immer noch Aufgaben der Verweisung für den Zuschauer bereithält. All diese Referenzen haben nicht nur einen eigenen Reiz, der im kontextuellen Wiedererkennen liegt, sondern eben auch im bewussten Lächerlich-Machen oder vielleicht besser Lachen über und mit der Referenz.[6]
Der kommerziell sehr erfolgreiche Film wiederum, liefert damit jede Menge Szenen, die ebenfalls in die Schatztruhe der Referenzen Eingang erhalten. Hier nur ganz wenige Beispiele; so wurde von den Fantastischen Vier ein Satz der deutschen Synchronisierung des Films, in ihrem Hit „Saft“ verwendet.[7] Erst neulich hörte ich eine Referenz zu einer anderen Szene des Filmes, in welcher ein Mann dunkler Hautfarbe, nach seinen Personalien gefragt wurde und er „Whity Weißmann“ antwortet. Wirklich spannend an dieser Szene ist, dass es sie im englischen Original nicht gibt und sie nur in der deutschen Synchronisation eingesprochen wurde.
Die Liste der Referenzen kann beliebig fortgesetzt werden und sie ist meiner Meinung nach ein Erfolgsmodell, dass vielleicht am eindrücklichsten bei der Serie „Die Simpsons“ angewendet wurde, die jahrelang ein Abbild der US-amerikanischen Fernsehlandschaft war und genau deshalb so humorvoll, ja geradezu genialisch war. Aber natürlich sind auch „Die Simpsons“ kein Trash und wenn wir „Die nackte Kanone“ als Trash-Film bezeichnen wollen, dann nur, weil die Handlung hier bewusst simpel gehalten wird, um Gags und ausgefallenen Ideen Raum zu geben.
Wie auch immer man zum Trashfilm steht, ich war amüsiert über einen Quizabend in einer Akademie und sehr froh nach einigen Jahren mal wieder vollständig „Die nackte Kanone“ gesehen zu haben.
[1] Hauptsächlich natürlich gegenüber meinen Wissensdefiziten.
[2] Übrigens auf Platz 28 gewählt, auf einer vom British Film Institute herausgegebenen Liste der besten britischen Filme aller Zeiten!
[3] „Big Lebowski“ wurde 1998 erstmals auf dem Sundance Festival gezeigt, auch nicht unbedingt ein Rahmen für eine Premiere, in welcher Trash-Filme gefördert wären.
[4] Insbesondere, wie ich bereits erwähnte, auf Grund von fundamentalem Mangel an Kenntnissen!
[5] Für mich spannend ist der Fakt bei amerikanischen Filmen oder Serien, dass ich einige Referenzen, nur als Referenzen kenne, aber quasi von den „Originalen“ keine Ahnung habe, so wie Dr. Joyce Brothers, auf die ebenso bei den „Simpsons“ Bezug genommen wird.
[6] Dabei nimmt man sich selbst nicht aus. In Frank Drebins Kühlschrank befinden sich jede Menge verfaulte Lebensmittel. Bei einem ist ein Mindesthaltbarkeitsdatum von 1982 genannt. In diesem Jahr kam „Die nackte Pistole“ heraus, die Komödienserie, auf welcher der Film „Die nackte Kanone“ beruht.
[7] Hier geht’s zum Lied: https://youtu.be/HQ-Zipq-XMs