Wenn man in Europa unterwegs ist, dann steuert man irgendwann immer mal über ein Monument aus der Antike. In der Vielzahl der Fälle ist dies im römischen Zeitalter entstanden. Anders formuliert könnte man sagen, man muss keinen Schritt nach Italien gehen, um die Überreste des riesigen und langanhaltenden Römischen Reiches zu bewundern. Spaziert man durch Tarragona oder Cartagena, oder bewundert das Aquädukt in Segovia oder die Porta Nigra in Trier so ist die technische und kulturelle Entwicklung dieser Epoche der Menschheitsgeschichte noch heute greifbar und das ist sehr faszinierend. Ärgerlich ist es jedoch festzustellen, dass mein Kenntnisstand dieses Weltreiches ziemlich ruinös ist. Deshalb erwarb ich mir letztes Weihnachten dank eine Gutscheins für einen Buchanbieter das Überblickswerk über die Römische Geschichte von Greg Woolf, das als Untertitel den Titel „Biographie eines Weltreiches“ trägt.
Der britische Altertumswissenschaftler legt in deutscher Übersetzung ein rund 500 Seiten starkes Werk vor, das sich hauptsächlich damit beschäftigt, wie es dem Reich gelang, über 1500 Jahre hinweg zu bestehen (wenn man das mal auf die USA hochrechnet, den Kandidaten für den man heute am ehesten den Titel Weltreich verwenden würde, so könnte diese noch weit in die 3000er Jahre hinein diesen Anspruch haben, was irgendwie nicht wirklich realistisch klingt). Von der mythischen Gründung durch Romulus um Jahr 753 v.u.Z. an, über die Königszeit und die Gründung der Republik im Jahr 509 v.u.Z. hin zum Kaiserreich und dessen Zerfall in der Spätantike stellt der Autor den „Lebensweg“ des römischen Reiches vor. Woolf beleuchtet wie sich Rom als Stadtstaat erst langsam in seiner Nachbarschaft ausbreitete und später nach Italien auszuwachsen. In den Punischen Kriegen mit dem legendären Karthago gewinnen die Römer Sizilien, später Nordafrika darauf Spanien dazu und dehnen sich weiterhin nach Osten aus bis an die Grenzen zu Persien aus. Es entstand ein Weltreich entlang des Mittelmeeres, dass nicht nur in seiner geografischen Ausbreitung äußerst beachtlich war, sondern mehr noch in seiner epochemachenden zeitlichen Länge innerhalb der Menschheitsgeschichte.
Woolf ist weniger an einer Aufzählung politischer Aktivitäten interessiert, sondern stellt die historische und kulturelle Zusammenhänge dar. Er beschreibt den Aufstieg der Eliten des römischen Reiches, die Funktionen von Familien und Sklaven lässt aber auch die immer wieder auftretenden Krisen nicht aus. Ein wundervoll zu lesendes Buch, dass besonderen Wert auf den Aspekt der Weltmacht des Römischen Reiches legt.