Es ist schon Ende Januar als ich im Haus des Buches stehe und noch einen 10€ Weihnachtsgutschein für ein Buch ausgeben kann. Ein Roman wäre gut, die Frage ist nur, von wem? Und so fällt mein Blick auf die lange Aufreihung von Murakami Büchern. Warum nicht?
In „Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt“ führt uns der japanische Autor in ein Fantasy-Tokyo der 1980er Jahre (der Roman kam 1985 im Original heraus). Zwei Geschichten werden nebeneinander erzählt. Zum einen das „Hard-boiled Wonderland“ in dem ein Datenkrieg zwischen dem System und der Fabrik herrscht. Der namentlich nicht genannte Hauptheld arbeitet für das System als Kalkulator. In dieser Position muss er Daten verschlüsseln. Er wird in ein Hochhaus geladen, wo er auf einen Professor trifft, der ihn um eine Methode des Datenverschlüsseln bittet, das „shufflen“, das mittlerweile illegal ist. Zum Anderen erleben wir eine ganz gegensätzliche Welt im „Ende der Welt“, dort gerät ein Neuankömmling in eine Stadt, die seltsam zeitlos ist, wenngleich sie strenge Regeln hat, die von einem Wächter überwacht werden. Der Neuankömmling wird als Traumleser eingesetzt und hat gleichzeitig keine Ahnung, was diese Tätigkeit eigentlich soll und er vermisst seinen Schatten.
Murakamis fantastische Welten in „Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt“ fesseln den Leser von Beginn an, wobei die beiden Erzählstränge nicht nur typografisch unterschiedlich sind und je andere Zeitformen benutzen (eine kleine Übersetzungsbrücke, da von Murakami im japanischen Original zwei Formen der ersten Person gebraucht wurden, die es im Deutschen bekanntermaßen nicht gibt). Die beiden Geschichten muten auch anfangs wie unterschiedliche Genre an. Ist das „Hard-boiled Wonderland“ eher ein Science-Fiction Thriller, so ist das „Ende der Welt“ wie eine Fantasy Entdeckungsreise, in einer unwirklich emotionslosen Stadt, die nicht wie eine Stadt, sondern wie ein kleines ummauertes Land erscheint. Erst nach 2/3 des Romans wird endgültig klar, wie beide Seiten zusammenhängen und tatsächlich hängt kurz danach der Roman etwas durch. Doch das Ende gewinnt wieder an Fahrt, weil es mit dem Haupthelden fragt, in was für einer persönlichen Welt wir Leben wollen und welche Art zu Leben uns ausmacht? Im Hoch und Runter der Gefühle, der Liebe und des Hasses oder lieber im ruhigen Betrachten des ewigen Fortlaufes der Dinge. Nach 500 Seiten Lektüre geht man so mit dem befriedigenden Gefühl aus dem Buch, einen zeitlosen Roman gelesen zu haben, den Murakami selbst mal als seinen Besten bezeichnet hat.