Erst vor wenigen Tagen habe ich in den Nachrichten gelesen, dass der Zustand unserer Welt klimatechnisch betrachtet sehr ernst ist (als Neuigkeit kam bei mir diese Information nicht an, eher als Bestätigung des schon Gewussten). Es sieht überhaupt nicht gut aus, aber wenn wir uns radikal ändern ist noch etwas zu machen, so könnte man es kurz zusammen fassen.
Nimmt man sich den Roman „Solar“ von Ian McEwan zur Hand, so stößt man auf eine wunderbare Allegorie für diesen Zustand der Erde beim Haupthelden der Handlung des Buches. In „Solar“ steht der Nobelpreisträger Michael Beard im Mittelpunkt und wir begleiten ihn dabei, wie er auf der einen Seite mit einem neuen revolutionären Projekt das Klima auf unserer Welt retten möchte und lesen auf der anderen Seite die Verfallsgeschichte eines in die Jahre gekommenen Physikers.
Beard hat nun schon vor einigen Jahren den Nobelpreis erhalten, statt zu Forschen, organisiert er Projekte, treibt Fördergelder auf und stellt seinen Namen zur Verfügung, um erfolgreich zu erscheinen. Gleichzeitig lebt er sein individualisiertes Leben so gut er kann. Gerade scheint seine fünfte Ehe zu scheitern, weil der eher zu klein geratene Beard, der alles andere als ein attraktives Äußerliches hat, mal wieder die eine Affäre zu viel hatte. Glücklich ist er darüber, dass bei all den Beziehungen, nie ein Kind zur Welt kam, was ihn mit Verpflichtungen einschränken würde. Sein Lebensziel scheint zu sein, wann immer es notwendig wird, sich zurückziehen zu können.
„Solar“ wird von der Kritik mit Lob überhäuft (ich erwähnte das schon einmal im Zusammenhang mit McEwans Roman „Saturday“ und wie ich zum Autor kam und dies lag hauptsächlich am fast überschwänglichen Lob für „Solar“). Ich musste beim Lesen der ersten hundert Seiten feststellen, dass mir dieses Lob übertrieben vorkam. Ich hatte einen zweifellos guten Text vor mir liegen, aber so unglaublich witzig, wie von den Kritiken bescheinigt, kam er mir nicht vor. Es waren keine langweiligen einhundert ersten Seiten, aber eben nichts was einen vor Spannung an den Sessel und vor das Buch fesselt. Wobei kurz bemerkt sei, dass sich McEwan sehr flüssig liest. Doch im Laufe der weiteren Seiten wird das Buch spannender, so wie Beard immer älter, unorganisierter und verfallener wirkt und man ihm dringend raten möchte: „so ändere dich doch, noch ist Zeit dafür!“. Hier fängt es an, ein richtig guter Roman zu werden, der gerade vom Widerspruch lebt, dass ein immer kränker (nicht nur in gesundheitlicher Hinsicht) werdender Klimaforscher, dass immer kränker werdende Weltklima zu retten versucht, wobei es ihm eigentlich egal ist, denn wirklich wichtig ist ihm nur sein Ruhm.
Wer gern McEwan liest, der macht mit „Solar“ überhaupt nichts falsch, als Meisterwerk würde ich den Roman zwar nicht beschreiben, aber die Allegorie eines verfallenen Menschen, der die Menschheit retten will ist doch etwas besonderes und macht den Roman lesenswert.