Erschien im Original 2012 | Deutsche Übersetzung von Andrea Fischer | 2014 bei Kiepenheuer & Witsch (2016 als Rowohlt Taschenbuch) | 672 Seiten
Seit vielen Jahren mal wieder ein Buch von Michael Chabon! Warum meine Wahl dabei auf „Telegraph Avenue“ fiel, kann ich gar nicht mehr sagen und ich befürchte die latenten Gründe sind von entwaffnender Beliebigkeit bezüglicher meiner Bücherauswahl. Chabon jedenfalls, wollte ich seit langer Zeit mal wieder lesen, ist doch sein Roman „Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier und Clay“ das einzige von mir gelesene Buch, dass einen Pullitzer-Preis gewann, was so befürchte ich, mehr über mich, als über den Preis aussagt.
Der 2012 veröffentlichte Roman „Telegraph Avenue“ spielt in Oakland / Kalifornien auf der namensgebenden Straße.[1] Nat und Archy besitzen dort einen Plattenladen, der fast mehr noch als ein Musik-Geschäft, ein sozialer Treffpunkt ist, wo sich bevorzugt Männer treffen und weit über die Grenzen des Themenbereiches Jazzmusik über die Welt diskutieren. Die Geschäfte laufen dabei eher schleppend und eine größere Gefahr lauert am ökonomischen Horizont, denn der ehemalige Star-Quarterback Gibson Goode, genannt G-Bad, will einen Musik-Megastore gleich um die Ecke bauen lassen. Die betrüblichen Perspektiven werden von Nats und Archys Ehefrauen Aviva und Gwen quasi gespiegelt, welche beide als Hebammen arbeiten und Hausgeburten unterstützen und auch hier Druck insbesondere von Seiten der Krankenhäuser verspüren, welche diesen Hausgeburten skeptisch gegenüber eingestellt sind. Lediglich Nats Teenagersohn Julie steht vor einem erfreulichen Sommer 2004, denn er hat Titus kennengerlernt, einen ebenso schweigsamen, wie potenten Freund.
„Telegraph Avenue“ ist ein stellenweise, nicht wirklich leicht zu lesendes Buch, da zwar viele Szenen sehr detailliert und teilweise sehr humorvoll beschrieben werden, aber wesentliche Zusammenhänge erst später eingeführt werden, was eine permanente Aufmerksamkeit beim Leser erfordert. Es ist ein Buch, über Freundschaft und beruflichen Zusammenhalt, über die kleinen Läden der Nachbarschaft gegenüber der anonymen Welt der großen Kaufmärkte und des Internets
[1] Tatsächlich war ich schon einmal dort, wie ich auf dem Foto unten beweisen kann. Das war jedoch reiner Zufall, aber ich habe vom Beginn der Telegraph Avenue (die Handlung des Romans spielt aber nicht dort, sondern weiter nördlich) ein Foto gemacht (nicht wegen der Straße, die sie im linken Bildbereich sehen, sondern wegen des Hauses in der Mitte). Das ich weiß, dass ich dort war, habe ich mir nicht etwa gemerkt, sondern ich habe es gegoogelt, eine kleine Leidenschaft, dass ich mir bei Lesen von Büchern angeeignet habe, nachzuschauen, wie die beschriebene Gegend eines literarischen Werkes bei Google Maps aussieht.