Das Schwein von Gaza

„Das Schwein von Gaza“ ist eine belgisch-französisch-deutsche Koproduktion aus dem Jahr 2011 des Franzosen Sylvain Estibal.
Der Fischer Jafaar (Saason Gabai) fischt vor der Küste von Gaza und dies höchst unerfolgreich, denn im Regelfall findet er nur Müll, bevorzugt Flip Flops, oder Fische von geringer bis kaum erkennbarer Größe und das nur, weil die Israelis die palästinensischen Fischer nur bis vier Meilen vor der Küste fischen lassen. Das alles führt nicht nur zu einer finanziellen Klemme, im ohnehin nicht mit Geld gesegneten Gazastreifen, sondern auch zu Missmut bei Jafaars Frau Fatima (Baya Belal), die sich noch dazu auch noch mit israelischen Soldaten rumärgern muss, die auf dem Dach, des ohnehin baufälligen Hauses des Fischers patrollieren. Bei einem seiner Fischzüge geht, wie ein Wunder, Jafaar ein Hängebauschwein ins Netz. Jetzt muss man sich nur einmal bewusst werden, wie viele Schimpfwörter es allein im Deutschen mit „Schwein“ gibt, potenziert dies und dann weiß man welches Standing diese Tiere im gelobten Land haben, ganz gleich ob bei Moslems oder bei Juden. Doch was machen mit dem Schwein? Erschießen will es Jafaar nicht, das bringt er nicht übers Herz. Günstigerweise gibt es unter den Palästinensern zahlreiche Gerüchte, die Juden in der benachbarten Siedlung würden schmutzige Geschäfte mit Schweinen machen und hier wittert Jafaar seine Chancen und trifft dabei auf Yelena (Myriam Tekaïa), eine jüdische Russin, die sich der Schweinezucht verschrieben hat. „Das Schwein von Gaza“ weiterlesen

Wolfgang Herrndorf – In Plüschgewittern

Seit der Frankfurter Buchmesse bin ich in einem Literaturstrudel gefangen. Statt Filme zu schauen, lese ich lieber und es gibt ja so unglaublich viel zu lesen. Meine Leseliste ist innerhalb von wenigen Stunden auf 14 Titel angewachsen (so viele Romane lese ich sonst in ein bis zwei Jahren, wenn überhaupt). Ich bin mal gespannt, wie lange das anhält, denn für gewöhnlich halte ich das nicht lange durch. „Wolfgang Herrndorf – In Plüschgewittern“ weiterlesen

Hans-Jörg Schmidt – Tschechien. Eine Nachbarschaftskunde für Deutsche

Wie Sie als geneigter Leser dieses Blogs vielleicht schon mitbekommen haben, hat sich gerade in diesem Jahr meine Aufmerksamkeit zunehmend in Richtung unseres Nachbarlandes Tschechiens verschoben. Das liegt zum einen, an seiner geographischen Nähe und der damit verbundenen schnellen Erreichbarkeit und zum anderen, an seiner spannenenden Geschichte, schönen Natur und reizvollen Orten, die man wunderbar einfach erkunden kann. „Hans-Jörg Schmidt – Tschechien. Eine Nachbarschaftskunde für Deutsche“ weiterlesen

Liberace

Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, dass es einige Regisseure gibt, bei denen meine Aufmerksamkeit eine größere Erregung erfährt, als bei anderen Akteuren dieser Berufsgruppe. Zu eben jenen Namen, bei denen schon die Ankündigung genügt, dass sie einen neuen Film in die Kinos bringen, gehört Steven Soderbergh, was mich selbst etwas wundert, denn außer „Solaris“ fand ich eigentlich keinen seiner Filme wirklich Weltklasse. Aber bei Soderbergh kann man auch nicht viel falsch machen und so überlege ich bei ihm nicht lange.

Sein neuster Film thematisiert das Leben des Pianisten bzw. der Showlegende Liberace (sprechen Sie den Namen bloß nicht so aus, wie sie es sich denken, er wird mit einem langen a und einem tsche am Ende betont). Dieser lebt in Las Vegas und genießt immer noch die Gunst seines Publikums. Obwohl schon in die Jahre gekommen (fantastisch gespielt von Michael Douglas), übt seine extravagante Art immer noch einen großen Reiz auf Publikum und seine mehrheitlich homosexuelle Entourage aus. Zu dieser stößt auch Scott Thorson (Matt Damon), der sehr bald zu seinem persönlichen Assistenten und Lover aufsteigt. „Liberace“ weiterlesen

Martin Suter – small world

Jetzt hätte ich fast vergessen zu erwähnen, wie ich auf Martin Suter kam. Auf einem sonntäglichen Ausflug ins Brandenburgische Land war Radio Eins im Autoradio eingeschaltet, dessen Programm am Sonntag zahlreiche höchst hörenswerte Programme beinhaltet, wie die „Sonntagsfahrer“, die „Hörbar Rust“ oder die relativ unwitzige Humorsendung mit Olli Schulz. Ganz am Ende gegen 18 Uhr kommen dann die Literaturagenten, die man eigentlich nur im Sommer hören kann, weil im Winter um diese Zeit, die Sonne schon untergegangen ist und man für gewöhnlich keinen Ausflug mehr macht. Vor einiger Zeit, es muss der letzte oder vorletzte Sommer gewesen sein, stellten die Literaturagenten den neuen Roman des Schweizers Martin Suter vor, dessen Titel mir entfallen ist. Auch die Handlung könnte ich nicht mal mehr ansatzweise rekapitulieren, aber ich erinnere mich, wie gesagt wurde, dass Martin Suter immer so perfekte Romane schreiben würde und man konnte durchaus entnehmen, dass dies nicht nur als Lob zu verstehen war. So floss die Zeit die Elbe herunter und im langsam sich eintrübenden Herbst kam mir der Gedanke meine Romansammlung für die dunkle Jahreszeit aufzufüllen. Da bot sich ein 1,40€ Angebot bei Deutschlands meist benutztem Internetbuchkaufhaus an und ich erwarb Suters ersten Roman „Small World“ als Gebrauchtbuch.

Handlungsmittelpunkt von „Small World“ ist Konrad Lang, ein Mitsechziger, der für die ultrareichen Kochs auf Griechenland eine Ferienvilla verwaltet. Leider befeuert er versehentlich im Winter das Holz, das neben dem Kamin steht und nicht das im Kamin aufgestapelte Holz und die Villa brennt ab. Die Kochs verzichten jedoch darauf, Konrad Lang zu verklagen und bieten dem alten Freund der Familie eine Wohnung in der Schweiz an, um dort seinen Lebensabend zu genießen. Dieser gestaltet sich für den destingierten Konrad Lang eher langweilig und dreht sich hauptsächlich um den Genuss zahlreicher Alkoholika. Doch er hat Glück und trifft eines Tages Rosemarie Haug. Beide verlieben sich und dem Glück sollte nichts entgegenstehen, doch trotz einer Alkoholentziehung vergisst Konrad immer mehr und wirkt zunehmend verwirrter, was auch die Kochs aufhorchen lässt.

„Small World“ ist ein Buch über Alzheimer. Suter gelingt es dieses schwierige Thema sehr lesenswert aufzubereiten. Seine Sätze wirken präzise, seine Sprache ist klug, alles wirkt durchdacht und man hat das Gefühl hier möchte jemand perfekt unterhalten, so wie man es von einem routinierten Hollywood-Film erwartet. Dabei ist „Small World“ weder ein Drama, wie es sich in der ersten Hälfte darstellt, noch ist es ein Krimi, wie es sich im zweiten Teil des Buches anlässt. Man könnte das Buch als ziemlich gut gemachte Unterhaltung betrachten, wunderbar lesbar, bei der man aber irgendwie nie das Gefühl hat etwas großartiges Neues zu lesen, sondern ein Buch vor sich hat, was es schafft den Leser in seinen Bann zu ziehen, was präzise recherchiert ist und bei man sich nie fragt, was soll das jetzt wieder, aber das irgendwie auch immer auf dem Boden bleibt. Die Figuren sind nachvollziehbar ausgearbeitet, werden jedoch sehr schnell in Gut und Böse aufgeteilt und dann auch so, für das ziemlich platte Happy End vorbereitet. Ich glaube das meinten die Literaturagenten auch, als sie von „perfekt“ im Zusammenhang mit Suter sprachen. Ziemlich perfekt gemachte Unterhaltung, aber eben auch nicht mehr.

Wolfgang Herrndorf – Tschick

Als ich Ende August mit der Bahn von Leipzig nach Dresden fuhr, las ich in den eingängigen Internetportalen vom Tode Wolfgang Herrndorfs. Bis dahin kann ich nicht wirklich behaupten, ihn als Autor je wirklich wahrgenommen zu haben und ich gebe zu, dass er für mich nur der Typ war, der „Tschick“ geschrieben hatte, ein Buch das irgendwo ganz gut sein sollte, so hörte man immer wieder und das sogar vom Staatsschauspiel Dresden als Theaterstück auf die Bühne gebracht wurde. Angeregt von den – selbstredend – wohlwollenden Nachrufen, entschloss ich mich „Tschick“ anzulesen, denn erstens fühlte ich mich noch jung genug für einen Jugendroman und zweitens musste ich doch auch mal lesen, was alle so toll fanden. „Wolfgang Herrndorf – Tschick“ weiterlesen

Gregor Sander – Winterfisch

Hohe Erwartungen sind eigentlich nie sonderlich förderlich, denn sie tendieren dazu, nicht Stand zu halten, dass kann einen bei Konzerten von Lieblingsbands ergehen (wie bei Gus Gus), bei Filmen von Lieblingsregisseuren (wie bei „The Dark Knight Rises“) oder auch bei Büchern. Zu meinem Lieblingsbüchern gehört Gregor Sanders „Ich aber bin hier geboren“, eine Sammlung voller vortrefflich geschriebener und atmosphärisch dichter Erzählungen. Sein darauf folgender Roman „Abwesend“ war dann nicht ganz so berauschend und ich freute mich zu lesen, dass er schon vor zwei Jahren einen weiteren Band mit Kurzgeschichten herausgebracht hat (man sieht, ich verfolge den Literaturbetrieb mit einer gewissen Gelassenheit), mit dem Titel „Winterfisch“. Und da waren sie wieder, die großen Erwartungen, geschürt von wie immer äußerst positiven Rezensionsausschnitten auf der Rückseite (ich komme darauf zurück), war ich frohen Mutes hier wieder angenehme Lesefreuden erleben zu dürfen, denn es handelt sich bei „Winterfisch“ wiederum um Erzählungen. „Gregor Sander – Winterfisch“ weiterlesen

Javier Marias – Während die Frauen schliefen

„Während die Frauen schlafen“ ist eine Sammlung von neun Kurzgeschichten des Spaniers Javier Marías, zumeist Ende der 1980er geschrieben. Der Titel ist dabei nach der ersten Geschichte benannt, kann aber nicht wirklich thematisch für das gesamte Buch gelten, so sind die Haupthelden der Geschichten allesamt Männer. Wie bei der Aufreihung von mehreren Stücken nicht anders zu erwarten, sind einige von ihnen von außerordentlich hohem Lesevergnügen, während man sich durch andere Geschichten eher ein wenig durchquält (wobei dies so, wirklich nur für Eine, und zwar die letzte Geschichte gilt). „Javier Marias – Während die Frauen schliefen“ weiterlesen

Chronicle

„Chronicle“ (im deutschen Untertitel: „Wozu bist du fähig“) ist ein Science-Fiction Superhelden Film von Josh Trank aus dem Jahr 2012. Andrew Detmer (Dane DeHaan) ist ein zurückhaltender Teenager, dessen Mutter schwer krank ist und dessen Vater (Michael Kelly) nichts mit sich anzufangen weiß, da er schon im Vorruhestand ist. Er wird in der Schule gehänselt, was sich noch verstärkt, als er damit beginnt sein Leben mit der Videokamera aufzunehmen. Sein Cousin Matt (Alex Russell) jedoch unternimmt viel mit Andrew und ist wie ein großer Bruder. Bei einer Party spricht plötzlich der charismatische Schülersprecher Steve (Michael B. Jordan) Andrew an, er müsse mit zu Matt kommen, denn man habe etwas Außergewöhnliches entdeckt. Die drei steigen in ein Erdloch hinab und finden ein seltsames kristallines Objekt. Was dann passiert scheint unklar, aber plötzlich merken die drei, dass sie telekinetische Kräfte besitzen. Mit einigem Training verbessern sie ihre Fähigkeiten und können bald sogar fliegen. Doch mit den neuen Kräften steigen auch die Gefahren, denn schließlich sind sie dem Rest der Menschheit jetzt überlegen, wodurch sich Matt dazu genötigt sieht Regeln der Superkräfte aufzustellen. „Chronicle“ weiterlesen

Parada

„Parada“ ist eine serbische Tragikomödie von Srdan Dragojevic aus dem Jahr 2011. Balkankriegsveteran Micky Limun (Nikola Kojo) hat eine bewegte Vergangenheit als Krieger, europäischer Krimineller und Schläger hinter sich, lebt in Nachkriegsserbien und verdient sein Geld in einer Judoschule und mit einem angeschlossenen Sicherheits- und Personenschutzunternehmen. Nun möchte er seine neue Frau Pearl (Hristina Popovic) heiraten. Diese ist an einer eleganten und prunkvollen Hochzeit interessiert, organisiert von Theaterregisseur und Schwulenaktivist Mirko (Goran Jevtic). Jener lebt mit seinem Partner, dem Tierarzt Radmilo (Milos Samolov) ebenso in Belgrad, in einer sehr homophoben Gesellschaft, in welcher Homosexuelle nicht nur beleidigt, sondern auch tätlich angegriffen werden. Trotzdem möchte er eine Gay Pride organisieren, ein offensichtlich sehr gefährliches Unterfangen, denn Hooligans sind ganz wild darauf, Homosexuelle zu verprügeln. Micky, der ganz „normal“ homophob wie alle ist, liegt nichts ferner al eine Gay Pride zu schützen, muss es jedoch letztendlich tun, denn seine zukünftige Frau wird ihn sonst nicht heiraten. Da er aber in seinem Unternehmen niemanden finden kann, der Homosexuelle beschützen würde, muss er ehemalige Kriegsgegner in ganz Ex-Jugoslawien anheuern. „Parada“ weiterlesen