Im Bücherregal meiner Eltern sind so viele Bücher zu finden, die in DDR-Zeiten veröffentlicht wurden, dass man schon etwas stöbern muss und sich manchmal wie in einem Antiquariat vorkommt, wo einem allerdings der Großteil der Werke nichts sagt. Doch das Suchen lohnt sich und mir fiel ein kleiner Roman von Philip Roth in die Hände, der 1982 vom Verlag Volk und Wissen als Lizenzdruck für die DDR veröffentlicht wurde. Interessanterweise hat die rund 200 Seiten lange Erzählung, die gleiche Übersetzung, wie die westdeutsche Ausgabe von Hanser, aber sie hat einen anderen Titel; „Der entfesselte Zuckerman“ (DDR) vs. „Zuckermans Befreiung“ (im Original „Zuckerman Unbound“). Im Werk von Philip Roth steht dieses Werk in der Mitte der sogenannten Zuckerman – Trilogie, in welchem Roth ein Alter Ego namens Nathan Zuckerman erfindet, einen jüdisch-stämmigen Schriftsteller aus Newark, New Jersey.
Nathan Zuckerman hat mit dem Roman „Carnovsky“ einen Besteller gelandet und ist zu einem populären Star geworden. Das Buch ist umstritten, denn es ist gespickt mit pikanten Anekdoten und einer ironischen Abrechnung an den Traditionen seiner Herkunft. Zuckerman ist zwar nun ein reicher Mann, der in der Öffentlichkeit steht, aber er fühlt sich keinesfalls glücklich. Das ist zum einen die Trennung von seiner dritten Frau Laura, die er sich zurückwünscht und da ist zum anderen der Inhalt des Romans, der in seiner Familie bestenfalls zu gemischten Gefühlen führte und nicht zu vergessen ist seine Bekanntheit, die ihn nicht nur mit Filmschönheiten wie Caesara O’Shea vertraut macht, sondern auch mit wunderlichen Menschen wie Alvin Pepler.
„Der entfesselte Zuckerman“ ist ein Buch über das Leben als Schriftsteller. Als Sujet taucht eine solche Reflektion über das eigene Tun immer mal wieder auf, wie beispielsweise bei „Das bin ja ich“ von Thomas Glavinic. Bei Roth wird das Thema zu einem Gesellschaftsporträt der Stars in den USA der späten 1960er Jahre und gleichzeitig eine Geschichte über die Transformation des Lebens beim Prozess der Loslösung von den eigenen Wurzeln und dem Versuch in einer fremden Welt eine Identität zu finden. Was macht Ruhm und kommerzieller Erfolg? Was sagt man als Schriftsteller über sich in seinen Büchern aus und was sagt das über das Selbst, die Familie und die Herkunft aus? Was lässt man dabei zurück und was bindet einen noch? Roth beschreibt das Wechselverhältnis von dem was man über sich denkt, mit dem was die Welt über einen denkt und auch wenn das Beispiel eines Starautoren dabei nicht auf viele von uns zutrifft, sind das doch elementare Fragen des Lebens in einer kurzweiligen Erzählung des Meisters aus Newark.