In der Buchhandlung „La Batisfera“ in Valencias meeresnahen Stadtteil Cabanyal werden einige Bücher noch mit einer Papierschärpe ummantelt und mit einer kleinen Inhaltsangabe versehen. Ich mag so etwas sehr und wenn auf dem Papierchen dann noch steht, es würde sich um Spaniens feinsten Autoren handeln, dann bin ich angefixt.
Was Chirbes 2013 erschienene Roman „Am Ufer“ für mich persönlich interessant macht, ist das Setting der Geschichte, die am Ende des Jahres 2010 spielt, dem Zeitpunkt als die Wirtschaftskrise Spanien sehr fest im Griff hatte. Wir befinden uns in der fiktiven Ortschaft Olba, einem Städtchen nicht weit weg von Misent, einer ebenfalls fiktiven größeren Urlaubs- und Hafenstadt an der valencianischen Küste. Wer sich etwas in der Gegend auskennt, der bemerkt schnell, das Misent wohl Denia sein soll, und Olba könnte Pego, Ondarra oder Oliva darstellen, ist wohl aber Beniarbeig, wo Chirbes viele Jahre wohnte.
Hier, in der Nähe von Olba, findet der junge Marokkaner Ahmed eine Leiche, als er seine durch Arbeitslosigkeit vermehrte Freizeit im sumpfigen Marjal mit fischen verbringt. Einige Tage vorher begegnen wir Esteban, dem lokalen Schreiner von Olba, der mit seinen 70 Jahren feststellen muss, dass das Familienunternehmen Pleite ist, weil er sein Geld verspekuliert hat, sein Vater ist ein schwerer Pflegefall und die privat bezahlte Pflegekraft Lilliana verweigert ihre Hilfe wegen ausbleibender Zahlungen, wie die langjährigen Angestellten seiner Schreinerei allesamt schockiert sind über die Schließung des kleinen Betriebes. Nur noch der Gang in die Bar bleibt Esteban, doch dort erwarten ihn die „Freunde“ und Geschäftsleute des Ortes, die allesamt schon spekulieren, wer als nächstes von der Pleitewelle überrollt wird.
„Am Ufer“ beginnt als recht spannender Roman, über die Wirtschaftskrise von 2008 und deren langfristige Folgen, doch was anfangs wie eine Mördergeschichte aussieht, entwickelt sich nach 50 Seiten, zu einem depressiv-zynischen Monolog eines gescheiterten älteren Mannes. Und so wird das Lesen von Seite zu Seite zäher, während der Ton des Erzählers immer gleich zu bleiben scheint und man manchmal das Ende eines Absatzes erst nach mehrmaligen umblättern erreicht. Erfährt man anfangs noch etwas Neues, über Estebans Biografie, so fährt sich der klagende Weltschmerz Ton immer fester. Immer wieder verhandelt Esteban seine gescheiterte Existenz neu und wie bei einem Gedankenstrom kommen dominante Gefühle und Erinnerungen immer wieder hoch. Das ist zwar sehr nachvollziehbar, aber zieht sich wie ein Gespräch, dass schon lange zum Monolog geworden ist und wo sie sich fragt, wie komme ich hier aus der Nummer raus. Man muss diesen Stil mögen, ich finde ihn literarisch zu wenig anspruchsvoll, zu lange immer wieder denselben Ton, die selbe Stimmung, die gleiche Aussage aushaltend, um mich wirklich zu fesseln. Dazu kommt, dass die deutsche Übersetzung manchmal etwas schludrig wirkt, gerade wenn es um Orte geht (nur das kann ich wirklich beurteilen) und man fragt sich wer beim btb-Verlag für die Umschlaggestaltung zuständig ist und wie diese Person darauf kommt ein Bild der Madrider Plaza Major als Cover zu nehmen, bei einem am Mittelmeer spielenden Roman? Alles in allem, kein Roman den ich weiterempfehlen würde.