Schach übt eine gewisse Faszination aus. Es ist eines der ganz wenigen Spiele, die den Zufall ausschließen und die Spieler nur Kraft ihrer Überlegungen gewinnen lassen. Nach der Lektüre von Glavinics „Carl Haffners Liebe zum Unentschieden“ bin ich ein wenig beim Thema hängen geblieben und nahm mir Stefan Zweigs „Schachnovelle“ zur Hand. Immerhin das meistverkaufte Werk des Wiener Schriftstellers.
In dem recht kurzen Text begleiten wir den Erzähler auf eine Schiffsfahrt von New York nach Buenos Aires. Durch einen Zufall befindet sich auch der Schachweltmeister Czentovic an Bord, der eigentlich ein Bauernlümmel vom Balkan ist und geistig eher im Trüben fischt, jedoch aus einer Laune der Natur heraus beim Schachspielen brilliert (aber auch wirklich nur dort) und das Spiel fast schon maschinenhaft beherrscht. Der Erzähler möchte Czentovic näher kennenlernen, dieser ist jedoch sehr zurückhaltend und kann nur über das finanzielle Engagement des schottischen Ingenieurs McConnor für eine Partie gewonnen werden. Der Meister lässt den anderen Passagieren keine Chance, bis jedoch ein Unbekannter an den Tisch hinzukommt und eine schon verlorene Partie zu einem Remis verbessern kann. Sowohl McConnor, der Erzähler, als auch Czentovic sind fasziniert vom Fremden Herrn B., der ein großartiger Spieler zu sein scheint. Jedoch ist der Grund seiner Begabung eine tieftraurige Geschichte.
Die Schachnovelle ist ein bewegendes Werk. Es stellt dabei nicht nur zwei höchst unterschiedliche Begabungen in den Vordergrund, wie man Schachspielen (und allgemeiner gesprochen, wie man denken) kann, sondern ist eine sehr anschauliche Parabel über die Grausamkeiten, wenngleich sogar hier nur psychologischer Natur, die uns das 20.Jahrhundert brachte. So zeigt das Werk auch das Liebe und Hass; Freiheit und Zwang, der freie Geist und die Verwirrung sehr eng beieinander liegen. Ein sehr empfehlenswerter Text.