Yuval Noah Harari schreibt eine Geschichte von Morgen, was im Grunde heißt der israelische Geschichtswissenschaftler erörtert in seinen über 500 Seiten starken Buch aus dem Jahr 2015 wie sich eine zukünftige Welt ausgestalten könnte, wenn man geschichtliche Trends der Menschheitsgeschichte betrachtet und diese quasi extrapoliert. Kurz zusammengefasst könnte man sagen, dass die Geschichte der Menschheit immer von Gedankengebäuden geleitet wird (Harari nennt sie Religionen: „Religion behauptet, wir Menschen seien einem System moralischer Gesetze unterworfen, die wir nicht erfunden haben und das wir nicht verändern können“ S. 249). Waren bis zum Mittelalter (in Europa) die christlichen Religionen die Perspektivlenker des Lebens, so startete danach der Humanismus seinen Siegeszug. „Die humanistische Religion betet die Menschheit an und erwartet, dass diese die Rolle spielt, die Gott im Christentum und im Islam und die Naturgesetze im Buddhismus und Taoismus spielten.“ (S.302) Harari diagnostiziert jedoch, dass der Humanismus vor seiner Ablösung steht und Biotechnologie und künstliche Intelligenz ihn als Leitgedanken verdrängen können. Harari spricht von einer großen Entkopplung, die dazu führen wird, dass Menschen ihren wirtschaftlichen und militärischen Nutzen verlieren (weil Roboter und Drohnen die Drecksarbeit alter Zeiten machen werden), „weshalb das ökonomische und das politische System ihnen nicht mehr viel Wert beimessen werden“ (S.413). Das System würde also dem einzelnen Individuum keinen großem Wert mehr beimessen, lediglich den Menschen als Kollektiv (zum Sammeln von breitgefächerten Daten). Einzelne Individuen werden nur noch als Teil einer optimierten Elite wertgeschätzt werden, die sich von der Masse der Bevölkerung abheben.
Das sind alles keine wirklich reizenden Annahmen über die Zukunft, aber Harari kann sie stringent erzählen. So kann man dieses Buch nicht nur als Zukunftsvision, sondern auch als eine Warnung lesen. Dabei bietet das Buch eine reiche Quelle von sprudelnden Ideen, die allerdings auch das ein oder andere Mal recht kurz und oberflächlich ausgeführt werden. Trotzdem lohnt sich die Lektüre von „Homo Deus“ sehr, schärft dieses Buch doch den Blick von heute ablaufenden Ideen, deren Konsequenzen noch nicht wirklich klar sind.