Umberto Eco – Der Name der Rose

Erschien 1980 im italienischen Original „Il nomma della rosa“ bei Editoriale Fabbri-Bompiani | deutsche Übersetzung von Burkhart Kroeber hier vorliegend als dtv Taschenbuch mit 680 Seiten

Fast ein halbes Jahr liegt die letzte Romanvorstellung auf diesen digitalen Seiten zurück. Das lag zum einen daran, einen gewissen Sachbuchrückstand weg zu machen (verbunden mit einem größeren Projekt über die Geschichte der Philosophie, aber dazu in einem späteren Eintrag mehr). Zum anderen lag dies auch daran, mein „Tsundoku-Konto“ positiv zu halten und keine neuen Romane zu erwerben (was schwerfällt, betrachtet man die Neuerscheinungen; ich nenne Namen: Murakami, Kehlmann, Haas). Also musste die heimische Bibliothek untersucht werden, nach ungelesenen Schätzen und da fiel mir schnell „Der Name der Rose“ in die Hände, vor vielen Jahren begonnen, aber nach rund 200 Seiten nicht beendet. Diese Schmach – wohl schon als Student zugezogen – nicht ein einziges Buch von Umberto Eco fertig gelesen zu haben, musste ich irgendwann tilgen, also frisch ans Werk.

Am Ende seines Lebens schreibt der Mönch Adson von Melk eine ganz besondere Geschichte seiner Vita auf. Wir befinden uns im Spätmittelalter, im November 1327, als der damals junge Novize den britischen Franziskanermönch William von Baskerville in eine Benediktinerabtei im Apennin begleitet. William, ein ehemaliger Inquisitor ist hier, um ein Treffen von Abgeordneten seines Ordens mit Vertretern des Papstes zu organisieren. Doch im Kloster ist es zu einem Todesfall gekommen und der Abt Abbo von Fossanova bittet William um Mithilfe bei der Aufklärung. „Umberto Eco – Der Name der Rose“ weiterlesen

Carlos Ruiz Zafón- Der Schatten des Windes

Erschien 2001 im spanischen Original „La sombra del viento“ bei Editorial Planeta | deutsche Übersetzung von Peter Schwaar hier vorliegend in der Fischer Taschenbibliothek mit 774 Seiten

Meine Aufmerksamkeit und das Verlangen etwas mir Unbekanntes zu erkunden, werden durch mir nebelhaft erscheinende Motivationen ausgelöst. Ich versuche an dieser Stelle, etwas Licht in diesen Schattenbereich zu werfen und eine kleine Phänomenologie meines Interesses an Carlos Ruiz Zafón aufzustellen.
Wie jeder halbwegs interessierte Buchleser, war mir der Name Zafón in irgendeiner fast unbewussten Art und Weise bewusst, denn der Katalane, der in spanischer Sprache schrieb,[1] schaffte es in den 2000er Jahren zahlreiche Beststeller zu veröffentlichen. Eine hohe Position in den Beststellerlisten zu erklimmen, reicht natürlich nicht, meinen Mantel der Ignoranz zu lüften. Aber vor gar nicht langer Zeit las ich einige Zeilen, über das mir unbekannte Schloss Wiepersdorf in Brandenburg. Wiepersdorf ist ein ganz besonderer Platz für die Geschichte der Künste in Deutschland. Nicht nur war es der Wohnort des berühmten Dichterpaares der Romantik, Bettina[2] und Achim von Arnim, es ist gleichzeitig ein Anziehungspunkt zahlreicher schreibender Künstler. Carlos Ruiz Zafón beispielsweise war Anfang der 2000er Jahre Stipendiat im Künstlerhaus auf Schloss Wiepersdorf, gerade zu jener Zeit als sein Roman „Der Schatten des Windes“ immer mehr an Aufmerksamkeit erlangte.[3] Das reichte mir aus, um nach dem Roman zu greifen. Ein Besuch des Schlosses wird dieses Jahr noch folgen. „Carlos Ruiz Zafón- Der Schatten des Windes“ weiterlesen

Ewald Arenz – Der große Sommer

Erschein 2021 bei DuMont mit 317 Seiten

Aus der Reihe:  aus fremden Regalen

Es ist fast drei Jahre her, da las ich das schöne Herbstbuch „Alte Sorten“ von Ewald Arenz. Jetzt ist es Sommer im Jahr 23 und da schnappte ich mir Arenz Nachfolgeroman „Der große Sommer“ der passenderweise in der warmen Jahreszeit spielt; einen ganzen Sommer lang, in den ersten Jahren der 1980ziger. „Ewald Arenz – Der große Sommer“ weiterlesen

Roberto Bolaño – Amuleto

Erschien 1999 im spanischen Original | deutsche Übersetzung von Heinrich von Berenberg erschien 2002 bei Verlag Antje Kunstmann (hier vorliegend als Fischer Taschenbuch) | 176 Seiten

Die Welt wird zunehmend komplexer und tatsächlich kann darin eine gewisse Langweiligkeit liegen, wenn man sich in ihrer Komplexität verliert. Wie Sie, geneigter Leser, vielleicht schon bemerkt haben, entwickle ich mich zum großen Freund des Autors Roberto Bolaño. Wie bereits an anderer Stelle vermerkt, erwarb ich Sekundärliteratur zu Bolaños Roman „2666“. Diese habe ich immer noch nicht beendet, aber in diesem kleinen Büchlein, war die Bemerkung zu lesen, dass die Zahl „2666“ im Roman „Amuleto“ genannt wird. Also habe ich habe ich mir noch schnell diesen Roman besorgt. Die Frage ist aber, auf der Suche nach was bin ich da eigentlich? „Roberto Bolaño – Amuleto“ weiterlesen

Roberto Bolaño – Die wilden Detektive

Erschien 1998 im spanischen Original („Los detectives salvajes“) | deutsche Übersetzung von Heinrich von Berenberg erschien 2002 bei Carl Hanser (hier vorliegend als Taschenbuch bei Fischer 2018) | 688 Seiten

Der Monat April in diesem Jahr sah zwei wichtige Geburtstage in meinem Leben. Aber eigentlich kann man das so nicht sagen, denn beide Geburtstage betreffen nicht lebende, biologische Körper und eine Gratulation meinerseits wäre unerheblich bzw. irreführend, weshalb ich an beide Ereignisse hier per Blog erinnern möchte. Am 12. des Monats wurde die ruhmreiche SG Dynamo Dresden 70 Jahre alt, ein Verein, der mir tatsächlich schon Tränen der Freude, als auch der Trauer bescherte, der mich regelmäßig an der Vernunft menschlicher Zivilisation zweifeln lässt, aber auch an der Großartigkeit gemeinsamer Communitas-Erfahrungen hat teilhaben lassen. Hier darf ich an dieser Stelle meinen Wunsch zum Ausdruck bringen, dass ich den schwarz-gelben Hornissen noch viele Jahre gewogen sein werde und ihre Tore mein Herz erfreuen.

Ein anderer Geburtstag wäre heute gewesen. Am 28.4. wäre Roberto Bolaño 70 Jahre alt geworden (hier muss der Konjunktiv des Präteritums ran, denn Bolaño starb, wie bereits im Artikel zu seinem Roman „2666“ erwähnt, vor knapp 20 Jahren) und für mich war dies ein guter Grund seinen Roman „Die wilden Detektive“ bis zu seinem (vermeintlichen und nur von seinen Lesern zelebrierten) Ehrentag zu vollenden. „Roberto Bolaño – Die wilden Detektive“ weiterlesen

David Mitchell – Utopia Avenue

Erschien im Original: 2020 | deutsche Übersetzung von Volker Oldenburg | 2022 erschienen bei Rowohlt | 748 Seiten

Als mir letzten Sommer mein Geburtstagswunsch erfüllt wurde und ich David Mitchells neustes Buch bekam, da war mir klar, dass es vorerst der letzte Roman des britischen Schriftstellers für mich sein würde, denn mit seinem 2022 auf Deutsch erschienen Buch habe ich alle von ihm momentan verfügbaren Werke gelesen[1]. Also verzögerte ich den Lesegenuss nach hinten und als 2023 anbrach wurde ich mir bewusst, dass ich nun doch endlich anfangen könnte, die 748 Seiten anzugehen.

„Utopia Avenue“ spielt im Jahr 1967. Der kanadische Musikmanager Levon Frankland führt vier junge Musiker in London zusammen, um eine Band zu gründen. Da ist der abgebrannte Bassist Dean Moss, aus Gravesend stammend, einem Arbeitervorort am östlichen Ende der Themse gelegen. Die Keyboarderin Elf Holloway, die kürzlich von ihrem Freund verlassen wurde, der Halb-Brite, Halb-Holländer Jasper de Zoet, der ein begnadeter Gitarrist ist, aber ein sehr merkwürdiger Einzelgänger zu sein scheint und der Nordengländer Griff, der das Schlagzeug spielt. Die vier Musiker finden tatsächlich musikalisch zueinander und schon bald spielen sie ihre ersten Konzerte und sie starten einen gemeinsamen Weg kreativer Entfaltung, öffentlicher Aufmerksamkeit, Geld und Starrummel, der sie tief ins Musikbusiness eintauchen lässt. „David Mitchell – Utopia Avenue“ weiterlesen

Ingo Schulze – Simple Stories

Erschien 1998 beim Berlin Verlag | hier vorliegend als Taschenbuch bei dtv mit 315 Seiten

In den frühen 2000er Jahren konnte ich mich nicht, eines umherschwirrenden Themas erwehren, welches darin bestand; dass damals schon 10 Jahre zur Bundesrepublik gehörende Ostdeutschland zu durchdenken. Das „vereinigte Deutschland“ war damals – und ist es heute noch – ein ungewöhnlich schiefes Land, oder besser gesagt ein schiefer Begriff. Das liegt an einer eigentümlichen Trennung zwischen: „an Deutschland denken“ und an das „vereinigte Deutschland“ denken. Nimmt man nur letzteres müsste man theoretisch annehmen, an ein gesamtes Land zu denken, aber „vereinigtes Deutschland“ bezog (und bezieht) sich interessanterweise zumeist auf Ostdeutschland und die Frage, was die Leute dort so machen, seit sie zur BRD gehören. Das wirkt ein klein wenig so, als wenn sie nachdem Sex immer nur einen Partner befragen, wie es für diesen – trotz Vereinigung – denn so war und wie es ihm so dabei geht. Ein schönes Beispiel für die Begriffsanomalie ist ein Zitat auf dem Cover der Taschenbuchausgabe von Ingo Schulzes Roman „Simple Stories“ auf dem man lesen kann: „Ingo Schulze hat den langersehnten Roman über das vereinigte Deutschland geschrieben.“ Das schon im Untertitel „ostdeutsche Provinz“ zu lesen ist und der Roman fast ausschließlich im thüringischen Altenburg spielt, verstärkt meinen Verdacht, dass alles, was man über das „vereinigte Deutschland“ sagen kann, immer irgendwie ostdeutsche Befindlichkeit sein muss[1]. „Ingo Schulze – Simple Stories“ weiterlesen

Javier Marías – Berta Isla

Erschien 2017 im spanischen Original | deutsche Übersetzung von Susanne Lange 2019 bei S.Fischer | 656 Seiten

Unter den zahlreichen Toten des Jahres 2022 waren traurigerweise auch Persönlichkeiten zu beklagen, deren Werk und Schaffen ein großer Gewinn für unsere Welt war. In dieser Aufzählung ist klar der spanische Autor Javier Marías zu nennen, der im Herbst des letzten Jahres verstarb, viel zu früh und nur wenige Tage vor seinem 71. Geburtstag. Im wundervollen FAZ-Bücherpodcast mit Paul Ingendaay[1], der sich eigentlich der Frankfurter Buchmesse und dem letztjährigen Gastland Spanien widmete, waren einige Minuten dem großen Madrilenen gewidmet, von dessen Romanen ich eine ganze Weile schwer begeistert war und der eher unabsichtlich in den letzten Jahren etwas aus meinem Blickfeld herausgetreten ist. Sein Ableben veranlasste mich, einer gewissen Logik des Büchermarkts und seiner Konsumenten folgend, ein Werk von ihm zu lesen und da besonders seine beiden neusten und leider auch letzten Romane prominent an manchmal dafür sogar hergerichteten Büchertischen vertreten waren, viel meine Wahl auf „Berta Isla“ ein Roman, der schon mit seinem wunderschönen Cover anspricht.

An dieser Stelle über den Inhalt des Romans zu schreiben ist nicht unproblematisch, denn Javier Marías Bücher bestechen im Regelfall nicht mit einem Handlungsfeuerwerk, was keinesfalls als Kritik zu lesen ist. Ihre Qualität erreichen seine Texte mit dem Ausleuchten der Situationen ihrer Figuren. Diese durchleben daher erst im Laufe der Handlung die ein oder andere Wendung und ich befürchte dem noch nicht mit dem Text vertrauten Leser zu viel zu verraten, so wie der Klappentext meiner Ausgabe, der tatsächlich die erste Hälfte des Buches zusammenfasst.[2] Allerdings wäre es sehr schade nur verkürzt über den Roman sprechen zu können, weshalb an dieser Stelle eine SPOILER-Warnung steht.[3]

„Javier Marías – Berta Isla“ weiterlesen

Weißes Rauschen

Originaltitel: „White Noise“ | Jahr: 2022 | Regie & Drehbuch: Noah Baumbach | Drama | 136min

Das Studium der Soziologie, gerade in den frühen 2000er Jahren, war keines was direkt in lukrative Arbeitsverhältnisse mündete. Das war und ist aber überhaupt nicht schlimm, denn ein von mir wahrgenommenes großes Plus dieses mehrjährigen Vorgangs des Lernens (bei gleichzeitig größtmöglicher öffentlicher Spreizung der Bekanntgabe des neugelernten Stoffes und der dazugehörenden Fremdwörter), ist das Kennen- und Schätzenlernen von Themen, die (mir) vielleicht sonst gar nicht bewusst geworden wären. So bin ich über eine nähere Auseinandersetzung mit der Postmoderne[1] zu Don DeLillos Roman „Weißes Rauschen“ gekommen. Ich war damals in meinen frühen 20ern und schwer begeistert vom Roman, der bereits 1984 im englischen Original erschien und der alsbald zu meinem Lieblingsroman avancierte.[2]
Noah Baumbach bekam 2021 einen nicht ganz kleinen Geldbetrag von netflix, damit er diesen Roman verfilmen konnte und das Resultat kann man sich mittlerweile beim Streaminganbieter ansehen. „Weißes Rauschen“ weiterlesen

Anna Seghers – Transit

aus der Reihe: „aus fremden Regalen

Erschien 1944 in englischer und spanischer Übersetzung und 1947 erstmals im Original auf Deutsch (in der Berliner Zeitung) | hier vorliegend in der Ausgabe des Aufbau Verlages 1985

Seit ich Christian Petzolds Film „Transit“ sah, nahm ich mir vor, irgendwann einmal die Romanvorlage von Anna Seghers zu lesen. Diese fand sich in der Bibliothek meiner Eltern. Ich zupfte mir das Buch aus dem für meine Verhältnisse ungeordneten Büchermeer heraus und beendete mit der Lektüre des Romans das Bücherjahr 2022.

Der Ich-Erzähler namens Seidler sitzt in einem Café in Marseille und erzählt dem Leser seine Geschichte, die mit dem Untergang eines Schiffes beginnt, auf welchem Seidler jedoch nicht Passagier war (und welches tatsächlich das Ende der chronologischen Handlung des Romans darstellt). Wir sind im 2.Weltkrieg und Seidlers letzte Zeit handelt davon, dass er aus Nazi-Deutschland flüchten musste und in Frankreich sein Heil sucht. Doch das Land wird von den Deutschen erobert und die Hauptstadt Paris ist besetzt. Dort übernimmt er einen Auftrag für einen Freund und bringt einen Brief zum Schriftsteller Weidel. Dessen Wirtin erklärt Seidler, dass Weidel sich umgebracht habe und sie seine sterblichen Überreste ohne viel Aufhebens entsorgt hat, weil sie Angst vor den Behörden hat, es sind halt komplizierte Zeiten. Einzig ein Koffer sei geblieben, welche sie Seidler übergibt. Dieser Koffer ändert für Seidler viel und er gelangt letztendlich nach Marseille, wo er durch die Papiere Weidels, die im Koffer lagen, eine Chance auf ein Visa und eine Ausreise aus Europa hat. In Marseille, dass noch von Franzosen verwaltet wird, scharren sich viele Flüchtlinge, um den Kontinent zu verlassen. Hier lernt Seidler auch einen deutschen Arzt kennen und später dessen Freundin Marie, welche ihm schon vorher als betörende und geheimnisvolle Fremde aufgefallen war, die durch die Cafés der Stadt eilt, um dort jemanden zu finden. „Anna Seghers – Transit“ weiterlesen