Vorbemerkung: Dieser Text ist Teil der Reihe „our pathetic age“. Er stellt nicht nur den Roman vor, dessen Gegenwartsdiagnose genauer besprochen werden soll. Neben einer etwas intensiveren Darstellungen des Textes führt dies auch dazu, dass einige Passagen aus dem Roman gespoilert werden.
Literatur – ein weites Feld! Man kann sie lesen, rezipieren, auswendig lernen, interpretieren, selbst schreiben, und tatsächlich kann man sie auch hören. Beispielsweise im Autoradio.
Ich erinnere mich auf dem Weg zu einem coronabedingten Großeinkauf im Frühjahr 2020 im mir übertragenen KfZ, Ingo Schulze gehört zu haben, als er aus seinem aktuellen Werk „die rechtschaffenen Mörder“ las. Der Weg zum Rewe ist nun leider nicht sehr lang (und seit einigen Monaten ist er sogar kürzest möglich, aber das ist eine ganz andere Geschichte) und der Empfang in der Tiefgarage kann mit den besten Störsendern weltweit mithalten, weshalb mir nicht viel mehr als ein kurzer Eindruck bleib. Dieser war aber so, dass ich mir vornahm, nach dem Öffnen der Buchläden, welche sich im Lockdown Schlaf der ersten Viruswelle befanden, zu meinem Buchhändler zu eilen, um mir eine Ausgabe zu besorgen. Wie vieles aus der ersten und den weiter folgenden Wellen, vergaß oder ignorierte ich dieses Vorhaben. Vor einigen Wochen kam ich beim großen Buchhaus am Ende der Prager Straße vorbei, wo ich ein günstig eingepreistes Mängelexemplar sah und es kurzentschlossen erwarb.
In den Monaten zwischen erstem Hören und letztendlichem Kauf, hatte ich, ohne es recht zu wollen, etwas über den Inhalt des Buches aufgeschnappt. Nicht nur, dass es bald im Staatsschauspiel Dresden aufgeführt werden soll, sondern auch, dass es eine Geschichte erzählt, die einen Nerv unserer Zeit trifft, nämlich den Drift einer gebildeten Bevölkerung zum rechten politischen Rand hin. „Ingo Schulze – Die rechtschaffenen Mörder“ weiterlesen