Dystopien sind ein gern genutztes Genre, um heutige Entwicklungen kritisch zu durchleuchten, um sie in einer entfernten Zukunft zu spiegeln. Interessanterweise sind sie weitaus jünger als Utopien, die einen fiktiven Nicht-Ort, ein herbeigewünschtes Nirgendwo beschreiben. Dystopien tauchen erstmals seit der industriellen Revolution auf und in den letzten Jahren scheint diese Gattung durchaus Konjunktur zu haben, was vielleicht dafür spricht, dass wir in bewegenden Zeiten leben. „Marc-Uwe Kling – Qualityland“ weiterlesen
Schlagwort: Roman
Juli Zeh – Nullzeit
Die Schönheit Lanzarotes sieht Sven schon lange nicht mehr, wenn er sie denn je beachtete. Seit fast 14 Jahren ist er Tauchlehrer auf der Kanareninsel und betreibt eine Tauchschule mit angeschlossenem Gästehaus in einem abgelegenen Teil des Archipels, gemeinsam mit seiner Jugendfreundin Antje. Bald wird er 40 Jahre alt werden und für seinen Geburtstag hat er sich etwas Besonderes ausgedacht. Er möchte auf 80m Tiefe steigen und ein altes Schiffswrack erkunden, was nahezu unbekannt vor der Insel auf Grund liegt. Doch vorher muss er noch einen Großauftrag abarbeiten. Die Schauspielerin Jola von der Pahlen, eine bezaubernd gut aussehende B-Prominente und der Schriftsteller Theo Hast, dessen literarische Veröffentlichungen bei der Zahl eins stehen blieb, wollen einen zwei wöchigen Intensivtauchkurs aufnehmen, dem Sven die stattliche Summe von 14.000€ bescheren wird. Jolas und Theos Beziehung scheint dabei außergewöhnlich, denn Liebe und Hass, Zärtlichkeit und Gewalt lösen sich bei ihnen unvermittelt ab und Sven wird in eine nicht ungefährliche Dreiecksbeziehung getrieben. „Juli Zeh – Nullzeit“ weiterlesen
Don DeLillo – Null K
Wie die Zeit verrennt. Zu einer meiner absoluten Lieblingsautoren gehört Don DeLillo. Ich erinnere mich daran, „Weißes Rauschen“, „Unterwelt“ oder „Mao 2“ verschlungen zu haben. Doch das war alles vor 2008, als ich anfing über die Bücher, die ich lese zu schreiben. So ist dies tatsächlich meine erste schriftliche Reflektion zu einem Don DeLillo Buch.
„Null K“ wirkt ein wenig wie Don DeLillos letztes Buch, denn der 1936 in New York geborene Autor, beschreibt darin ein vermutlich elementares anthropologisches Thema, die Überwindung der eigenen Endlichkeit. Sind wir ehrlich, jeder hat darüber schon mal nachgedacht; die Begrenztheit des eigenen Lebens, des Lebens überhaupt, den Tod.
Jeffrey wird von seinem reichen Vater Ross in die Wüste irgendwo nach Vorderasien geholt. An dem geheimen Ort, der weit weg von aller Zivilisation liegt, wurde durch Ross großzügige Investitionen und seinem finanziellen Netzwerk ein einzigartiges Projekt gestartet; Null K. Dabei handelt es sich um eine ganz besondere Einrichtung. Sie friert den menschlichen Körper ein, um ihn in einer fernen Zukunft zum Leben zu erwecken, in einer Zeit, wo das ewige Leben wissenschaftlich möglich wird. Eine der ersten Teilnehmer dieses Projektes ist Ross neue Frau Artis. Sie ist schwer krank und wird bald sterben. Doch durch Null K soll ihr Dasein unendlich werden. „Don DeLillo – Null K“ weiterlesen
Christian Kracht – 1979
Wir schreiben das Jahr 1979 als der namenlose, deutschstämmige Erzähler mit seinem Freund Christopher in Teheran ankommt. Die ehemalige Liebesbeziehung der Beiden ist schon lange am Ende und wenn ein Fünkchen Liebe noch aufblitzt, so um gleich von einer Welle von Hass weggespült zu werden. Zusammen gehen sie auf eine Party, wo die iranische Oberschicht noch ein letztes Mal dekadent feiert, die islamische Revolution steht vor der Tür und hat das Anklopfen schon lange hinter sich gebracht, der Schah soll schon geflüchtet sein. Während Christopher sich ausschweifend Drogen hingibt, lernt der Erzähler den sehr mysteriösen Rumänen Mavrocordato kennen, der ihm prophezeit, dass der Erzähler sich halbieren wird und es ziemlich schlimm kommen wird. „Christian Kracht – 1979“ weiterlesen
T.C. Boyle – San Miguel
Neuerdings treffe ich immer Dienstag meine Freunde zum Dönerstag und weil das meist an der Altmarktgalerie stattfindet, kann man danach noch immer einen prima Besorgungsgang antreten. Und wenn man dabei beim Buchladen vorbeikommt, umso besser und dann noch besser: Wühltisch ist vorhanden und gefüllt! Dabei muss man eines feststellen: 95% des Wühltischangebotes sind nichtssagende Werke für mich, aber wenn man 100 Bücher durchgeht und die hat so ein Wühltisch locker, dann bleiben eben auch mal 5 Bücher hängen, wovon dann vielleicht eins gut genug ist, es tatsächlich für den angegebenen Sonder-Wühltischpreis zu erwerben. Diesmal fand ich T.C. Boyles „San Miguel“. Nachdem „América“ ja ein ziemlich guter Roman war, kann man da nicht viel falsch machen, dachte ich mir. „T.C. Boyle – San Miguel“ weiterlesen
Haruki Murakami – Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt
Es ist schon Ende Januar als ich im Haus des Buches stehe und noch einen 10€ Weihnachtsgutschein für ein Buch ausgeben kann. Ein Roman wäre gut, die Frage ist nur, von wem? Und so fällt mein Blick auf die lange Aufreihung von Murakami Büchern. Warum nicht? „Haruki Murakami – Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt“ weiterlesen
T.C. Boyle – América
Besuche in anderen Ländern verleiten, sich den dortigen Autoren und ihren Gegenständen zu nähern und manchmal damit mehr zu entdecken als nur Landschaften oder Städte. Durch einen Aufenthalt in Kalifornien fiel mir der Name T.C. Boyle auf. T.C. steht für Tom Coraghessan (wobei er sich den zweiten Vornamen im Alter von 17 Jahren selbst gab). Nach einem kurzen Überfliegen der zahlreichen Romane und Geschichten von Boyle hatte ich mich für „América“ entschieden, um einen Eindruck von den Werken Boyles zu bekommen. Tatsächlich heißt das Buch im Original „The Tortilla Curtain“ (ich nehme an, Boyle wäre die deutsche Version in der amerikanischen Heimat etwas zu wuchtig gewesen). Mit dieser in den USA umgangssprachlich verwendeten Bezeichnung ist die Grenze zwischen Kalifornien und Mexiko gemeint bzw. deren Durchlässigkeit, die zu einer illegalen Immigration von Mexikanern in den Norden führt. Obwohl der Roman 1995 geschrieben wurde ist er auch heute noch aktuell, war es doch gerade erst US-Präsident Trump, der als Wahlversprechen eine Mauer zu Mexiko versprach. „T.C. Boyle – América“ weiterlesen
Edgar Hilsenrath – Der Nazi & der Friseur
Das Thema Holocaust ist hierzulande – auf Grund historischer Schuldbelastung – ein in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommener Gegenstand. Es ist eine Basis des deutschen kulturellen Gedächtnisses für die größte anzunehmende Schuld und die Verpflichtung, daraus etwas für die Gegenwart und alle Zukunft zu lernen. Dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen, trotzdem führt(e) es zu einigen gedanklichen Tabus, zum Beispiel der Frage ob man über Hitler lachen dürfe (man denke an Dani Levys Film „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ aus dem Jahr 2007 mit Helge Schneider und die Diskussion über Film und Gegenstand des Filmes). Etwas länger zurück liegt die Veröffentlichung von Edgar Hilsenraths Roman „Der Nazi & der Friseur“, den der Autor 1971 in den USA veröffentlichte. Obwohl der Text auf Deutsch geschrieben ist und schnell zu einem englischen Beststeller wurde, lehnten über 60 westdeutsche Verlage den Roman ab und er erschien erst 1977 in einem kleinen Verlagshaus in Köln. Grund dafür lag in der Darstellung des Buches über den Holocausts und noch viel entscheidender, der Zeit danach. „Edgar Hilsenrath – Der Nazi & der Friseur“ weiterlesen
Douglas Coupland – jPod
Ich tippe mit dem Finger ein weiteres Buch um, Autor nie gehört, tipp – weiter – nächster Autor – nie gehört – tipp – weiter – Douglas Coupland – … – Moment, habe ich schon mal gehört, Amerikaner, oder? Einer von diesen neumodischen Schriftstellern?!? Ich entnehme das Buch „jPod“ von Douglas Coupland dem Wühltisch beim Thalia Outlet. Es soll einen Euro kosten. Kann man nicht viel falsch machen, oder!?!
Mehrere Wochen später
Bei der Frage welchen Roman ich als nächstes lesen könnte, wähle ich „jPod“ aus. Aus Neugier. Wie schreibt dieser Coupland, der ja gar nicht Amerikaner ist, sondern Kanadier und der Begriffe wie „Generation X“ prägte (mit dem gleichnamigen Buch)? Auf den nächsten 500 Seiten sollte sich das rausfinden lassen. „Douglas Coupland – jPod“ weiterlesen
Christian Kracht – Imperium
Das 20. Jahrhundert kann man ohne viel geschichtliches Hintergrundwissen und Fantasie als das Säkulum der in der Praxis durchgeprobten Ideologien interpretieren. Teilweise waren diese Ideengebäude äußerst instabil und orientierten sich eher an den personifizierten Verkörperungen ihrer Führer als an logischer Stringenz, was nicht wirklich so dramatisch gewesen wäre (auch heute gelten ja starke Führerpersönlichkeiten immer noch als en vogue), hätten nicht viele Millionen Menschen ihr Leben lassen müssen, nur weil sie nicht in den kleinen Baukasten der Weltanschauung passten, mit welchem jeweils gerade die Welt verändert zusammengebastelt werden sollte. „Christian Kracht – Imperium“ weiterlesen