Richard David Precht – Geschichte der Philosophie

Bisher 4 Bände erschienen (Band 1: 2015 „Erkenne die Welt“ mit 576 Seiten; Band 2: 2017 „Erkenne dich selbst“ mit 672 Seiten; Band 3: 2019 „Sei du selbst“ mit 610 Seiten; Band 4: 2023 „Mache die Welt“ mit 528 Seiten) | alle Bände erschienen bei Wilhelm Goldmann Verlag

Es gehört fast schon zum guten Ton öffentlicher Äußerungen, sich kritisch zu Aussagen von Richard David Precht zu melden.[1] Das scheint das eigene intellektuelle Selbstverständnis zu erhöhen, wenn man sich an anderen Intellektuellen abbauen kann. Mir fiel das eigentlich nie auf, bis ich auf den Podcast „Lanz & Precht“ aufmerksam wurde, der mir anfangs immer ganz gemischte Gefühle beim Hören brachte, denn teilweise fand ich die Argumentation der beiden Podcaster nicht wirklich zielführend. Ich merkte aber schnell, dass bei einer Stunde Dauer des jeweiligen Hörangebotes, vielleicht 10min dabei waren, die ich für zu kurz gedacht (oder etwas polemisch) hielt, die restlichen 50min fand ich aber teilweise ziemlich inspirierend und ich habe fast bei jeder Ausgabe des wöchentlich erscheinenden Gesprächs recht viel gelernt, weshalb ich beim Podcast hängen geblieben bin. Man kann also, so meine Erkenntnis, vom durchaus viel belesenen Philosophen Richard David Precht etwas lernen.

Da liegt nichts näher, als von ihm über die Geschichte der Philosophie zu lernen, einem Feld, dass ich mir seit Jahren immer mal wieder „reinziehen“ wollte. Deshalb habe ich mir seit letztem Herbst seine bisher in vier Bänden erschiene Geschichte des Faches durchgelesenen und war bereits im ersten Teil erstaunt zu sehen, dass das komplette Werk eigentlich nur für drei Bände ausgelegt war (so verrät es die Einleitung des ersten Textes), jetzt aber bereits vier Bücher erschienen sind und wir immer noch nicht die Philosophie der 2.Hälfte des 20.Jahrhunderts behandelt haben. Ob sich Precht nicht kurzhalten kann, oder kommerzielle Interessen dahinterliegen ist mir eigentlich egal, denn tatsächlich sind die bisherigen vier Bände ein Gewinn (mindestens mal für mein Verständnis von Philosophie) „Richard David Precht – Geschichte der Philosophie“ weiterlesen

Anja Reich, Alexander Osang – Wo warst Du? Ein Septembertag in New York

Aus der Reihe: aus fremden Regalen

Erschien: 2011 bei Piper mit 272 Seiten

Das Bücherregal in der Wohnung meiner Schwester hält mich immer wieder auf. Diesmal entdeckte ich ein weiteres Buch von Alexander Osang und obwohl er bis diesem Werk lediglich Co-Autor war und obwohl es zum Thema, den 11.September 2001 hatte (ich dachte, ich hätte das Gefühl gehabt, über 9-11 alles notwendige gelesen, gehört und gesehen zu haben), habe ich es bei meinem weihnachtlichen Besuch trotzdem eingepackt, dafür bin ich von Osangs Roman „Lennon ist Tod“ zu nachhaltig positiv beeinflusst worden.

Das Buch einzupacken und durchzulesen, war eine gute Entscheidung. „Wo warst du?“ beschreibt den 11.September 2001 der Familie Osang – Reich. Alexander Osang ist Journalist des Spiegels, der in New York arbeitet. Seine Frau Anja Reich ist mit ihm und den beiden Kindern Ferdinand und Mascha vor zwei Jahren mitgezogen, doch während ihr Mann durch die USA und Europa reist, um Geschichten zu recherchieren und Menschen zu treffen, ist ihre journalistische Karriere etwas abgebremst worden, weil sie sich hauptsächlich um die Kinder kümmert. Am 10. September kommt Osang von einer längeren Reise aus Europa wieder nach Hause und geht erstmal joggen, weil er für den New York Marathon trainieren möchte, was seine Familie, insbesondere seine Frau nicht unbedingt goutiert, da sie den Familienvater lange nicht zu Gesicht bekommen hat. Und dann startet der 11.9., eine eigentlich ganz normaler, sonniger Spätsommerdienstag in New York City. „Anja Reich, Alexander Osang – Wo warst Du? Ein Septembertag in New York“ weiterlesen

Frank Sieren – Zukunft? China! Wie die neue Supermacht unser Leben, unsere Politik und insere Wirtschaft verändert

Aus der Reihe: our pathetic age

Erschien 2018 bei Penguin | hier in der Sonderausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung mit 366 Seiten

Ich möchte an dieser Stelle ankündigen, dass dieser kleine Blog in Zukunft ein weiteres Themenfeld aufnehmen soll, dass mich zunehmend prägt; nämlich Podcasts! In einem „meiner“ Podcasts, hörte ich erstmals von Frank Sieren, einem deutschen Autor, der nicht nur in China lebt, sondern auch über China berichtet. Als Europäer – und so verlief meine Hinwendung an gerade genannten Autor – sollte man sich der zunehmenden weltpolitischen Bedeutung Chinas bewusst werden und mehr über die vermeintlich neue Weltmacht erfahren. Hatte ich mich vor einigen Jahren zur Frage welche Geschichte und Kultur China hat etwas belesen, wozu Stefan Baron und Guangyan Yin-Baron sowie Marcus Hernig Auskunft gaben, waren meine Erwartungen bei Sieren hoch, denn er wurde im Podcast von „Lanz&Precht“ erwähnt, über den ich eigentlich auch mal ein paar Zeilen schreiben sollte. „Frank Sieren – Zukunft? China! Wie die neue Supermacht unser Leben, unsere Politik und insere Wirtschaft verändert“ weiterlesen

Thomas Piketty – Eine kurze Geschichte der Gleichheit

Aus der Reihe – our pathetic age

Erschien 2021 im französischen Original „Une brève histoire de l’egalitè“ bei Editions du Seuli | in deutscher Übersetzung von Stefan Lorenzer in der Sonderausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung 2022 mit 264 Seiten

Die Prominenz und Aktualität von Themen ist immer eine Aussage über die Zeiten, in welchen wir Leben, den Geist der sie bestimmt. Dafür ist auch Thomas Pikettys „kurze Geschichte der Gleichheit“ ein schönes Beispiel. Pikettys „Kapital im 21. Jahrhundert“ war 2015 für mich eines der anregendsten Sachbücher, dass viel über die Ungleichheit in der Leitungsgesellschaft des Kapitalismus zu sagen hatte. Mit großer Freude sah ich dann, dass die Bundeszentrale für politische Bildung sein neuestes Buch „Eine kurze Geschichte der Gleichheit“ im Angebot hatte. „Thomas Piketty – Eine kurze Geschichte der Gleichheit“ weiterlesen

Irene Vallejo – Papyrus

Erschien 2019 unter dem spanischen Originaltitel: „El infinito en un junco. La invención de los libros en el mundo antiguo“ | deutsche Übersetzung von: Maria Meinel und Luis Ruby erschien 2022 bei Diogenes mit 746 Seiten

Im Herbst letzten Jahres war Spanien das Gastland der Frankfurter Buchmesse und zu diesem Thema wurde im wunderbaren Bücherpodcast der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Folge nur zu diesem Thema ausgestrahlt. Ein Teil der einstündigen Sendung war einem Buch über Bücher gewidmet und als selbsternannter bibliophiler Mensch erfuhr dies natürlich meine besondere Aufmerksamkeit. Die aragonesische Autorin Irene Vallejo erörtert im vorgestellten Werk eine launige Geschichte des Buches an Hand von persönlichen Eindrücken über Bücher. Als ich nun im Frühjahr ein Exemplar dieses Buches im Zweitbuch Wiesbaden sah, konnte ich nicht anders als zuzuschlagen. „Irene Vallejo – Papyrus“ weiterlesen

Christian Geulen – Geschichte des Rassismus

Erschien 2007 (hier in Neuauflage für Landeszentralen für politische Bildung 2021) | Sachbuch | 128 Seiten

In der Veröffentlichung meiner Gedanken zu Sachbüchern in diesem kleinen Blog, habe ich in letzter Zeit eine große Zurückhaltung geübt, denn darüber auch nur ansatzweiße kompetent zu schreiben, erfordert viel Einarbeitung und Zeit. Jedoch muss ich immer wieder feststellen, wieviel mir an angelesenen und nicht-verschriftlichten Wissen, im Laufe der Zeit wieder verloren geht, weshalb ich mit großer Freude verkünden kann, ein neues Tool gefunden zu haben, das es mir ermöglicht, festzuhalten, was ich gedanklich durchgearbeitet habe.
Das Werkzeug heißt Obsidian und kann wie ein zweites Gehirn angewendet werden (wobei das ein offensichtlicher Euphemismus der bereits damit arbeitenden User ist, es ist mehr wie ein persönliches Wikipedia). In dieses Programm pflegt man alles an Gedanken und Ideen ein, die man gelesen, gehört, gesehen und natürlich durchdacht hat. Diese trägt man in Obsidian in einer Art Zettelkasten ein. Der Clou an Obsidian ist es, dass man alle Ideen (oder Zettel) miteinander verknüpfen und in Beziehung setzen kann, was es nicht nur ermöglicht, sich seiner Gedanken zu erinnern, sondern diese auch zu neuen Einsichten zusammenzuführen.

Warum langweile ich Sie, geneigter Leser, mit solchen Informationen? Weil ich hoffe damit auch kompetentere Aussagen für diesen kleinen Blog treffen zu können. Bisher galt mir dieser, als mein Gedächtnis für Bücher, Filme, Serien und etwas mehr. Mit Obsidian hoffe ich ein Programm gefunden zu haben, dass die begrenzte Funktionalität dieses Blogs einerseits ersetzt und andererseits erweitert. Ich möchte sie nun aber nicht mit den digitalen Verknüpfungsrichtlinien meiner Gedanken langweilen, die Konsequenz, die ich aus Obsidian ziehe, soll für „tommr.de“ die sein, hier weiterhin meine Ideen zu den oben genannten Themen zu erläutern, diese jedoch in einen breiteren Kontext zu stellen und damit auch wieder fundierte Aussagen über gesellschaftliche Themen treffen zu können und dem hier zufällig hineinklickenden Leser zur Verfügung zu stellen.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle Christian Geulens Einführungsbändchen zur Geschichte des Rassismus thematisieren, denn es ist das erste Buch, dass ich versucht habe, vollständig in Obsidian einzubauen. „Christian Geulen – Geschichte des Rassismus“ weiterlesen

Peter Geimer – Theorien der Fotografie

Sachbuch | erschien 2009 bei Junius mit 232 Seiten

Meine erste Digitalkamera hatte ich mir nach langer Krankheit irgendwann im Frühsommer 2003 gekauft, doch wirklich richtig angefangen, mehr oder weniger bewusst zu fotografieren, habe ich erst mit dem Kauf einer Spiegelreflexkamera um 2010 herum.[1] Und auch da habe ich eine langsame Entwicklung genommen, bis ich irgendwann später, nach Fotokursen bei der VHS und im riesa efau, Tipps von Freunden und vielen youtube Videos, endlich mit meinen Bildern etwas zufriedener war.[2] Dabei stellte ich mir häufiger die Frage, warum ich überhaupt fotografiere, wann und für welches Motiv ich den Auslöser abdrücke und wie ich Bilder dann digital bearbeite. Seit 2019 muss ich feststellen, dass mein praktisches Interesse an der Fotografie etwas ermüdet. Selbst der Kauf einer neuen Kamera 2020 konnte diesen Trend nicht stoppen, was vielleicht auch daran liegt, dass ich gern urbane Motive und Architektur aufnehme, Städtetouren in Zeiten zirkulierender Corona-Viren, mehr möglich waren. Ich hoffe sehr, dass sich dieser Trend bald umdreht, zumal mein theoretisches Interesse an der Fotografie weiterhin hoch ist. Denn bei allen youtube Videos, die ich über das Fotografieren trotzdem noch schaue,[3] hätte ich gern eine tiefere Einordnung über theoretische Fragen der Fotografie, weshalb ich zu Peter Geimers Einführung „Theorien der Fotografie“ griff. „Peter Geimer – Theorien der Fotografie“ weiterlesen

Adam Tooze – Welt im Lockdown

Originaltitel: “Shutdown. How Covid Shook the World’s Economy”| deutsche Übersetzung von Andreas Wirthensohn | 2021 bei C.H.Beck erschienen | 408 Seiten

Stellen sie sich vor, sie wären ziemlich clever (jeder kann sich das eigentlich ganz gut vorstellen, ich stelle es mir manchmal vor – na gut ich gebe zu, öfters vor – ich stelle mir sogar vor, ich wäre besonders clever). Sie sitzen bei der Premiere eines neuen Films und weil sie clever sind und weil unklar ist, wie lange der Film noch geht, gehen aus dem Kino heraus und erzählen dem gespannten Publikum, das keinen Einlass zur Premiere hatte, aber eigentlich echt gern wissen würde, worum es geht, was sie über den Film denken. Ihre Einlassungen sind geprägt von großer Kenntnis und Sachverstand, und sie haben den großen Vorteil, dass sie der Einzige waren, der vorher aus dem Kino rausgegangen ist und können somit erstmal frei erzählen, weil die anderen Typen noch im Saal sitzen. Es gibt eben nur ein winziges Problem, sie kennen das Ende des Filmes nicht, sie wissen noch nicht mal, wie nah oder fern sie am Abspann waren.

Der britische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze, den ich durch sein Buch „Crashed“ außerordentlich schätze, hat Ende des letzten Jahres, ein Buch über die Corona-Krise veröffentlicht.[1] Es wurde im April 2021 fertiggestellt und beleuchtet das erste Jahr der Pandemie auf dem Planeten. Eigentlich könnte ich an dieser Stelle schon aufhören zu schreiben, denn dem einen oder anderen mag es aufgefallen sein, die Coronapandemie ist weder im April 2021 noch heute im Januar 2022 wirklich vorbei (vielleicht bald, aber heute noch nicht). Das ist das große Manko, eines Buches, das eigentlich nicht wirklich ein Buch über die Pandemie sein will (so suggeriert es auch der Originaltitel, aber nicht die deutsche Übersetzung!), dessen Hauptschwerpunkt aber die Reaktion auf die Viruskrise ist. Für Adam Tooze ist damit „das Jahr 2020 keineswegs ein Kulminationspunkt, sondern lediglich ein Moment in einem Prozess der Eskalation“ (S.338), der zu einer Politik des Krisenmanagements geführt hat. Als Diagnose ist das aber ein bisschen wenig und man könnte den Vergleich ziehen, dass sie als Arzt einen kranken Menschen vor sich haben, dieser mit einer Grippe vor ihnen steht. Sie diagnostizieren die Krankheit, geben ein Medikament und stellen noch allerhand andere Probleme fest und erklären dem Patienten, darum müsse man sich später auch kümmern. Bei der Darstellung die wir in „Lockdown. Welt am Abgrund“ bekommen, ist die Geschichte aber schon an dieser Stelle zu Ende, ob die Medikamente des Doktors (die Politik) wirken, ob es Nebeneffekte gibt und was wir heilen können und was chronisch werden könnte, werden wir von diesem Buch nicht erfahren, noch nicht mal, wie das mit der ansteckenden Krankheit ausging. „Adam Tooze – Welt im Lockdown“ weiterlesen

Jan-Otmar Hesse und Sebastian Teupe – Wirtschaftsgeschichte

Wie schon beim letzten in diesem Blog beschriebenen Sachbuch, dem sehr lesenswerten „Crahsed“ von Adam Tooze, spielt das Thema Wirtschaft in unserer heutigen Gesellschaft eine sehr wichtige Rolle für das Zusammenleben der Menschen. Da kann ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte sicherlich Aufschluss geben, wie sich die „ganze Geschichte“ historisch so entwickelt hat. Dafür liefern Jan-Otmar Hesse und Sebastian Teupe eine praktische, auf rund 200 Seiten komprimierte Einführung. „Jan-Otmar Hesse und Sebastian Teupe – Wirtschaftsgeschichte“ weiterlesen

Adam Tooze – Crashed

Die Finanzkrise 2008 war ein sehr einschneidendes Ereignis in der neueren Wirtschaftsgeschichte unseres immer weiter zusammenwachsenden Planten. Sie war der größte wirtschaftliche Zusammenbruch seit dem 2.Weltkrieg und folgt man der Argumentation des britischen Wirtschaftshistorikers Adam Tooze, war sie eine hochkomplexe Implosion von privaten Finanzmärkten, die Staaten zum massiven finanziellen Eingreifen nötigten, was wiederum starke politische Folgewirkungen hatte. „Adam Tooze – Crashed“ weiterlesen