Dein Zuhause gehört mir

Originaltitel: „Hogar“ | Jahr: 2020 | Regie & Drehbuch: Alex und David Pastor | Thriller | 103min | Location: Barcelona

Manchmal durchstöbert man die Angebotsauswahl seines Streaming-Film-Anbieters, während der Algorithmus des Anbieters einen als Nutzer viel besser durchstöbert und siehe da, man findet einen Film, den man gern mal sehen würde. In meinem Fall lag die Motivation darin, dass ich den Hauptdarsteller Javier Gutiérrez neulich in „El autor“ sah und er mich dort durchaus beeindruckte.

In „Dein Zuhause gehört mir“ (dessen deutsche Übersetzung es mit dem einfachen spanischen Wort-Titel „hogar“ [für das Heim, das Zuhause oder auch den Haushalt] nicht aufnehmen kann) erleben wir Javier Gutiérrez als mittlerweile erfolglosen Werbedesigner, dessen beste Tage weit hinter ihm liegen. Die Familie, bestehend aus seiner Frau Marga (Ruth Díaz) und dem übergewichtigen Sohn Dani (Christian Muñoz) erkennen die finanziellen Realitäten aber besser als Familienvater Javier. Doch es lässt sich nicht ändern, die große Wohnung mit dem wundervollen Blick über Barcelona kann nicht mehr gehalten werden, denn sämtliche Bewerbungsgespräche von Javier laufen erfolglos. Die Familie zieht in ein bescheideneres Heim, aber Javier kann von seinem alten Leben nicht lassen und beobachtet die neuen Mieter, den Manager Tomás (Mario Casas), seine Frau Lara (Bruna Cusi) und Töchterchen Mónica (Iris Vallés). Und aus dieser Beobachtung entspinnt Javier eine Idee. „Dein Zuhause gehört mir“ weiterlesen

El autor

Jahr: 2017 | Regie & Drehbuch: Manuel Martín Cuenca | Drama | 112min | Location: Sevilla

Ich wohne im 3.Stock und schau aus meinem Arbeitszimmerfenster auf die kleine Gasse, auf welcher gerade gebaut wird. Die Bauarbeiter, die einen Grund vorgegeben bekamen, die enge Straße aufzureißen, schreien rum und man kann vermuten, dass dies zu Ausübung von Bauarbeiten zwingend erforderlich ist, auch wenn Dezibel-intensive-Maschinen gar nicht eingeschaltet sind und nur darauf warten, die Häuserwände der angrenzenden Gebäude zu rütteln. Die Familie ist ausgeflogen, die Frau erarbeitet die notwenigen Mittel, um den Haushalt vor der Privatinsolvenz zu bewahren, während der Sohn seine Teenagervorstellungen von der Düsterkeit des Seins beim Schülerpraktikum der Friedhofsverwaltung reflektieren kann. Es ist ein kalter Wintertag, die Sonne scheint und die Wohnungen der Nachbarn sind verlassen, so man dies aus der Beobachtung meines Fensters heraus sagen kann. Sie bevölkern wohl gerade die Arbeitsplätze oder Einkaufsläden Dresdens und so sitze ich und träume einen meiner tiefen, stillen und unerfüllten Träume, einmal einen Roman zu schreiben (natürlich nicht irgendeinen Roman, es müsste schon besondere Literatur sein, Literatur, die amüsant zu lesen wäre, sie müsste fiktional, aber auch authentisch sein, verschachtelt sollte die Story sein, wo ein Gedanke in kleine Teile zerstäubt, die zu tiefer Beobachtung der Welt führen, bevor sie wieder zusammengesetzt, zurück auf das große Ganze kommen).

Álvaro (Javier Gutiérrez Álvarez) besucht nun schon seit drei Jahren die Schreibkurse des Literaturprofessors Juan (Antonio de la Torre), doch ein Buch hat er noch nicht veröffentlicht. Seine Frau hingegen schon. Amanda (Maria León) hat mir ihrem ersten Buch einen Bestseller verfasst. Das ist etwas ärgerlich für Álvaro, da er einerseits nichts hat, außer seinem Buchhalterjob, auf der anderen Seite aber gar nicht Literatur für die Masse – wie die seiner Frau – schreiben möchte, sondern große Literatur, etwas Bedeutendes. Betrüblich ist weiterhin das Sujet des Buches der Gattin, dass nicht gerade wohlwollend mit der gemeinsamen Ehe umgeht. Das er Amanda nun aber auch inflagranti mit einem anderen Mann erwischt, geht dann doch etwas zu weit. Álvaro zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus und wird von seinem Chef zu Erholungszwecken beurlaubt. In der neuen Wohnung will er endlich seinen Roman schreiben und da kommen ihn die neuen Nachbarn gerade recht. Da er selbst nicht gut darin ist, sich eine eigene Handlung auszudenken (was man für einen strukturellen Nachteil für Romanautoren halten könnte), schaut er einfach, was die Nachbarn tun. Doch dieses Beobachten wird schnell proaktiver als es vielleicht gut ist. „El autor“ weiterlesen

Der gute Chef

Jahr: 2021 | Originaltitel: „El buen patron“ | Regie & Drehbuch: Fernando León de Aranoa | Länge: 121 min | Satire

Seit dem ersten Lockdown hängt ein Kinogutschein für das Programmkino Ost an meinem Kühlschrank. Da der Vortrag und der nachfolgende Film der kleinen Filmakademie mir nicht sehr verheißungswürdig erschienen, beschloss ich quer durch die Stadt zu radeln (spannend was da so hinter dem Fetscherplatz alles ist) und mir die letzte Vorstellung des spanischen Films „Der gute Chef“ anzusehen, der immerhin sechs Goya Preise[1] in diesem Februar erhielt. „Der gute Chef“ weiterlesen

La Virgen de agosto

Jahr: 2019 | Regie & Drehbuch: Jonas Trueba | Spielfilm | Länge: 125 min | Location: Madrid

Eva (Itsaso Arana) ist eine 33-jährige Madrilenin, welche die erste Hälfte des Augusts übergangsweise in einer Wohnung eines Bekannten wohnt, da dieser in die Ferien fährt. Eva will diese Tage nutzen, um Ihr Leben oder besser ihre Zukunft zu finden. Damit ist auch schon ganz grob der Plot von Jonas Truebas Spielfilm „La Virgen de agosto“ (deutsch: die Jungfrau des Augustes) beschrieben. „La Virgen de agosto“ weiterlesen

Fridas Sommer

Originaltitel: „Estiu 1993“ | Jahr: 2018 | Regie und Drehbuch: Carla Simon | Spielfilm | Länge: 100 min | Location: Vor-Pyrenäen in Katalonien

Frida (Laia Artigas) ist 1993 sechs Jahre alt und der Sommer beginnt für sie sehr traurig. Die Wohnung, die sie mit ihrer Mutter in Barcelona bewohnte, wird ausgeräumt, denn ihre Mutter verstarb kürzlich und Frida muss zu ihrem Onkel Esteve (David Verdaguer), Tante Marga (Bruna Cusi) und ihrer vierjährigen Cousine Anna (Paula Robles) ziehen. Sie wohnen auf einem Landhaus in dörflicher Umgebung, wo die Berge langsam erahnen lassen, dass die Pyrenäen nicht weit sein können. Frida leidet sehr unter dem Verlust der Mutter und hat verständlicherweise Probleme sich in ihrer neuen Lebensumgebung einzugewöhnen. Anna ist für sie ein Ankerpunkt, der ihr den Einstieg in ihre neue Familie möglich machen kann, doch die Rolle als große Schwester ist für Frida nicht leicht einzunehmen. „Fridas Sommer“ weiterlesen

Wer singt da?

Originaltitel: „Quién te cantará?“ | Regie und Drehbuch: Carlos Vermut | Jahr: 2018 | Drama | Länge: 119min | Location: Andalusien

Lila Cassen (Najwa Nimri) ist eine legendäre Sängerin, die nach dem Tod ihrer Mutter vor 10 Jahren ihre Karriere beendete. Da die finanziellen Mittel aber langsam knapp werden plant, ihre Managerin Blanca (Carme Elias) eine Comeback-Tour. Doch ein Badeunfall führt zu einer Amnesie bei Lila, die sich an ihr Leben nicht mehr erinnern kann. Auf der Suche nach sich selbst, sieht sie ein Karaoke-Video einer ihrer Lieder, gesungen von Violeta (Eva Llorach), einem, vielleicht dem, größten Fan von Lila. Violeta wiederum arbeitet in einer Bar, doch ihr scheinbar größtes Problem ist die 23-jährige Tochter Marta (Natalia de Molina), deren Wutausbrüche (selbst-) zerstörerische Dimensionen annehmen, die dringend behandelt werden müssten. „Wer singt da?“ weiterlesen

Der unsichtbare Gast

Jahr: 2016 | Regie: Oriol Paulo | Länge: 110min | Originaltitel: „Contratiempo“ | Location: Pyrenäen

Adrián (Mario Casas) ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, dem der Mord an seiner Geliebten Laura (Bárbara Lennie) vorgeworfen wird. Die Last der Indizien liegt schwer auf ihm. Sein Anwalt schickt ihm die Star-Anwältin Virginia Goodman (Ana Wagener), die sich nochmal den gesamten Fall aus Adriáns Perspektive erklären lässt. Schnell stellt sich heraus, dass der Todesfall von Laura tiefere Gründe hat, der mit dem Verschwinden eines Jugendlichen in den Pyrenäen zu tun hat, dessen Vater (José Coronado) um Aufklärung bemüht ist. „Der unsichtbare Gast“ weiterlesen

El Bar

Eine spanische Bar ist ein offener Treffpunkt vom Stammgästen und zufällig hineinschneienden Besuchern. Es ist weniger wie eine Verlängerung des Wohnzimmers zu denken, sondern wie eine überdachte und mit Speis und Trank angereicherte Ecke der Straße. Álex de la Iglesia, ist in seinem Heimatland einer der bekanntesten Regisseure, nahm sich 2016 dieses Schauplatzes an und inszenierte einen Thriller mit dem ihm eigenen schwarzen Humor. „El Bar“ weiterlesen

Que Dios nos perdone

Sommer 2011; Madrid schwitzt zwischen einem Papstbesuch und den Unruhen der 15-M Bewegung. Die beiden höchst ungleichen Kommissare Luis Velarde (Antonio de la Torre) und Javier Alfaro (Roberto Álamo) finden eine alte Frau, die Opfer eines Sexualverbrechens geworden ist. Javier ist eher ein Draufgänger, der gern auch mal mit den eigenen Kollegen in Konflikt gerät, während Luis, mit größter Genauigkeit arbeitet, aber ungern ein Wort zu viel verliert, da er stark stottert. Bald schon müssen die beiden Kommissare feststellen, dass es mehr Opfer gibt.

„Que Dios nos perdone“ – oder auf Deutsch: „Möge Gott uns verzeihen“ ist ein Krimi von Rodrigo Sorogoyen der 2016 in Spanien in die Kinos kam und dort auch einige Preise gewann. In Deutschland ist bisher keine Veröffentlichung geplant, was recht schade ist, denn der Film hat durchaus seine Reize. Zum einem liegen diese in der flotten und spannenden Story, in teilweise rasanten Kamerafahrten und in den beiden sehr guten Hauptdarstellern, bei denen Roberto Álamo sogar den Goya-Award für die beste Hauptrolle gewann, die höchste Auszeichnung für Filme in Spanien. Ein spannender 125min langer Krimi, der auch ein eindrückliches Porträt von Madrid im Sommer ist.

Eva

Stellen sie sich vor sie haben ein Kind (gerade den Eltern unter ihnen, sollte diese Vorstellung nicht schwer fallen). Dieses Kind ist wunderbar, es ist etwas Besonderes und das nicht nur, weil es von ihnen ist. Wie könnten sie dieses Kind nicht über alles lieben? Stellen sie sich aber jetzt bitte vor, dieses Kind wäre ein Roboter. Dieser Roboter wäre eine perfekte Nachbildung eines Kindes, niemand würde den Unterschied je merken und stellen sie sich vor, sie hätten dieses Roboter-Kind erschaffen, weil sie Roboter bauen. Wie würden sie zu diesem Wesen (da es wie ein Mensch ist und sich nicht von einem Menschen unterscheiden kann, wollen wir es mal Wesen nennen) stehen? „Eva“ weiterlesen