Bernhard und Doris

Jahr: 2006 | Regie: Bob Balaban | Drehbuch: Hugh Costello | Spielfilm | 103min

Es gibt Filme vor deren Seherfahrung man nichts Großes erwartet. So wie bei „Bernhard und Doris“ bei denen ich dachte, „na ja; Ralph Fiennes und Susan Sarandon kann man schon eine Chance geben“ (quasi ein erweitertes Sandra Hüller Argument vom „Das schwarze Quadrat“).

In „Bernhard und Doris“ erleben wir die Milliardärin Doris Dike (Susann Sarandon), die zwar philanthropisch gesinnt ist, aber mit ihrem Geld auch einen besonderen Machtstatus hat, der ihr durchaus bewusst ist und den sie für sich nur zu gern einsetzt. So sind ihre Hausangestellten ihres Jobs nie sicher, wie auch ihr letzter Butler, der von Bernhard Lafferty (Ralph Fiennes) ersetzt wird, der sich in der Gunst von Doris langsam, aber sicher voran arbeitet.

Bob Balabans Geschichte beruht von seiner Inspiration her auf der wahren Geschichte der amerikanischen Milliardärin, Kunstsammlerin und Mäzenin Doris Duke und ihres Butlers. Die Geschichte plätschert aber eher so vor sich hin, lässt aber beiden Hauptdarstellern viel Platz, den diese sehr gut nutzen und ihre Rollen ausfüllen. Fiennes gibt den perfekten Butler mit dem Problem des Alkoholismus und Sarandon eine willensstarke Frau mit unendlichen Vermögen. Leider wird „Bernhard und Doris“ gegen Ende etwas zu gefühlsduselig, aber man ist danach durchaus gewillt mehr über Doris Duke erfahren zu wollen, weshalb hier auf ihre deutsche wikipedia Seite verlinkt wird.

Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

Jahr: 2021 | Regie: Detlef Buck | Drehbuch: Detlef Buck, Daniel Kehlmann | Literaturverfilmung | 114min

Jetzt, da der Juni vorbei ist, erscheint es mir leider umso klarer; es gibt keinen schöneren Monat im Jahr! Der Sommer hat begonnen und liegt doch vor einem, die Tage sind endlos lang, die Dunkelheit nur dazu da, um sich abzukühlen oder Sterne zu beobachten. Für mich ist Juni, das noch aus meiner Kindheit und Jugend herstammende Gefühl, dass der Stress des Schuljahres endet, die Zensuren im Kasten sind (und irgendwie den Eltern beigebracht werden müssen) und nun endlich der Sommer beginnen kann (auch wenn dieses Gefühl eine jahrzehntealte Erinnerung ist, die übrigens in der Serie „Sex Education“ gut vermittelt wird, ist es ein für den Juni immer noch sehr schönes Bild). Der Juni ist die Zeit, wo der Sommer starten kann und wo er doch irgendwie schon seinen Höhepunkt erreicht, ohne dass man es merkt.

Tatsächlich kann ein Juni aber auch sehr verregnet sein, noch blöder ist es, wenn man in diesem Monat Lasten trägt, die man gar nicht tragen wollte und die einem manchmal fast zu schwer vorkommen. Umso schöner ist es aber, wenn diese Lasten im Juli gar nicht mehr schwer wirken! Jetzt, da der Juni vorbei ist, habe ich das Gefühl diesen schönsten aller Monate irgendwie verpasst zu haben, aber dieses Gefühl habe ich jedes Jahr, mit einer kleinen Varianz der Stärke. Was dieses Jahr unterscheidet, geneigter unbekannter Leser dieser Zeilen, ist dass ich im Juni tatsächlich zu kaum Kultur kam, weshalb der Juni 2024 eintragslos auf diesem Blog blieb. Doch nun ist Juli, man wird älter und hofft wieder mehr seine Notizen zu den Dingen vermerken zu können, welche etwas über die Welt und deren Leben aussagen könnten und deshalb soll diese kleine Juni-Elegie an dieser Stelle enden. „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ weiterlesen

Anatomie eines Falls

Originaltitel: „Anatomie d’une chute“ | Jahr: 2023 | Regie & Drehbuch: Justine Triet (Buch mit Arthur Harari) | Justizdrama | Location: französische Alpen

Dieses Jahr bin ich in einer „Oscar-Laune“, was nichts anderes heißt, als dass ich versuche, möglichst viele Filme zu schauen, welche eine Nominierung oder gar einen Preis bei den diesjährigen Academy Awards erhalten haben. Mit fünf Nominierungen und einer Auszeichnung für das beste Drehbuch war der französische Film „Anatomie eines Falls“ der beste europäische Beitrag und nicht nur wegen der Nominierung für Sandra Hüller für die beste weibliche Hauptrolle, war dieses Justizdrama quasi noch ein Pflichtprogramm für meine „Oscar-Laune“.

Sandra Voyter (Sandra Hüller) lebt mit ihrem Mann Samuel Maleski (Samuel Theis) und ihrem sehbehinderten Sohn Daniel (Milo Machado-Graner) in einem ausgebauten Chalet in den Bergen der französischen Alpen. Während Sandra als Autorin gewisse Erfolge aufweisen kann, ist ihr Mann eher ein verhinderter Schriftsteller und es scheint, dass er etwas eifersüchtig auf den beruflichen Erfolg seiner Frau ist, denn er stört ihr Interview mit einer interessierten Studentin (Camille Rutherford) durch das Abspielen lauter Musik. Als der Gast das Chalet der Familie verlässt und der Sohn zu einem Spaziergang mit seinem Hund aufbricht, geschieht ein Unglück bei dem Samuel stirbt (das wir als Zuschauer aber nie zu Gesicht bekommen). Da nur Sandra im Haus ist, kreisen die Ermittlungen schnell um die Frage, hat sie ihren Mann umgebracht?
Ein Jahr später findet eine Gerichtsverhandlung statt, bei welcher Sandra von einem ehemaligen Freund (Swann Arlaud) anwaltschaftlich vertreten wird. Auf der Gegenseite fährt der Staatsanwalt (Antione Reinartz) schwere Geschütze gegen Sandra auf. „Anatomie eines Falls“ weiterlesen

Ich bin dein Mensch

Jahr: 2021 | Drehbuch & Regie: Maria Schrader (Buch mit Jan Schomburg) | Spielfilm | 108min | Location: Berlin

Unsere Tage im Hier und Jetzt sind von vielen Dingen beleuchtet. Wir spüren Krisen der Welt in schneller Folge aufziehen (Seuchen, Kriege, es hat schon fast etwas klischeehaft Mittelalterliches) und neue Entwicklungen scheinen Gutes, aber auch Bedrohliches vorherzusagen. So auch das Aufziehen von Künstlicher Intelligenz, die unser Leben verändern wird. In welche Richtung ist nur zu vermuten, aber recht sicher scheint es, dass – wie immer in der Menschheitsgeschichte – Positives und Negatives gleichzeitig erscheinen wird. Maria Schraders 2021 erschienener Film, scheint den erst ein Jahr später inflationierten KI-Hype etwas vorwegzunehmen und ist damit im Jahr 2024 ein sehr aktueller Film. „Ich bin dein Mensch“ weiterlesen

Poor Things

Jahr: 2023 | Regie: Giorgos Lanthimos | Drehbuch: Tony McNamara | Spielfilm | 141min

In einer futuristischen Vergangenheit waltet der über allen Maßen begabte Chirurg Dr. Godwin „God“ Baxter. Er säbelt Leichen auf und transplantiert hier und da Organe um und erschafft kurioses neues Leben. Seinem begeisterten Schüler Max MaCandles (Ramy Youssef) übergibt er einen Protokollanten-Job, der es aber in sich haben wird. Max darf alle Fortschritte von Bella Baxter (Emma Stone) notieren, einer scheinbar minderbegabten jungen Frau, bei der sich herausstellt, dass sie ein weiteres chirurgisches Experiment von God ist. Bella ist nicht Gods Tochter, sondern war ein schwangeres Suizidopfer. God operierte dem toten Frauenkörper das Gehirn des ungeborenen Kindes ein, erweckt sie zu leben und beobachtet nun die Entwicklungsfortschritte. Er muss nun bei sich – sonst ein durch und durch emotionsloser, wissenschaftlich rationaler Geist – feststellen, dass er Vatergefühle für Bella hegt. Und weil er McCandeles für einen akzeptablen Schwiegersohn hält, möchte er eine Hochzeit zwischen ihm und Bella arrangieren, um Bella bei sich behalten zu können, und ihre Fortschritte zu studieren. Dafür soll noch schnell ein Vertrag geschlossen werden, den der Anwalt und Frauenheld Duncan Wedderburn (Mark Rufallo) ausarbeiten soll. Er jedoch entdeckt die wunderschöne Bella und möchte mit ihr nach Lissabon durchbrennen, während diese gerade die geistige Phase der frühkindlichen Sexualität entdeckt hat und die körperliche Lust für äußerst befriedigenswert empfindet. „Poor Things“ weiterlesen

Pain Hustlers

Jahr: 2023 | Regie: David Yates | Spielfilm | 122min | Location: Süden der USA 2011

Bei manchen Filmen weiß man nie so genau, wie man auf sie kommt. Bei „Pain Hustlers“ würde ich vermuten, lag es an der bezaubernden Emily Blunt, die mir mein Instagram Algorithmus im Zuge eines Auftritts bei Graham Nortons BBC Talkshow in Ausschnitten anzeigte. Als dann der Netflix Algorithmus mir den neuen Film mit Emily Blunt schmackhaft machte, sagte ich mir, irgendwann könne man ja mal den Film schauen. Und so passierte es neulich.

„Pain Hustlers“ weiterlesen

Tár

Jahr: 2022 | Regie & Drehbuch: Todd Field | Spielfilm | Länge: 158min | Location: Berlin und New York

Der kleine Saal in einem neustädtischen Kino ist samstagabends sehr gut gefüllt. Ob dies daran liegt, dass „Tár“ als einer der besten Filme des Jahres gilt, an seinen sechs Oscar Nominierungen, von denen nicht eine Kategorie gewonnen wurde, oder am simplen Fakt, dass Samstagabend-Kinobesuche einfach mal populär sind, mag ich nicht einschätzen, ich jedenfalls wollte „Tár“ unbedingt noch sehen, bevor seine Zeit in den Lichtspielhäusern abläuft.[1]

Lydia Tár (Cate Blanchett) ist ein Star unter den Dirigenten. In einer von Männern dominierten Welt ist sie die erste Frau, die Chefdirigentin eines deutschen Orchesters ist. Sie ist eine der wenigen EGOT Gewinner und man meint, ihre Karriere erklimme immer weitere Höhepunkte. Ihre Autobiographie soll bald erscheinen und gemeinsam mit ihrem Orchester steht sie vor der Aufnahme der 5.Symphonie von Gustav Mahler.[2] Tár ist ehrgeizig, sie verfolgt ihre Ziele mit Energie und Präzision. Sie liebt Musik und sie liebt es, zu dirigieren. Sie geht auf darin, ein musikalisches Werk zu erforschen, es zu interpretieren und es mit einem Orchester zu erarbeiten und nach ihrem Empfinden aufzuführen. Und Tár liebt Frauen. In erster Linie ihre kleine Tochter Petra (Mila Bogojevic), die sie gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin und Kollegin am Orchester, Sharon (Nina Hoss) hat. Doch über die Familie hinaus ist Tár auch dazu geneigt, Frauen, die ihr optisch oder intellektuell gefallen, näher an sich zu binden. Ihre Assistentin Francesca (Noémi Merlant) ist ständig an ihrer Seite, kann sich Hoffnung machen, die Rolle des Kapellmeisters des Orchesters zu erhalten und hat eine nicht näher beschriebene intime Vergangenheit mit Tár, zu der auch die psychologisch instabile Musikerin Krista zu gehören schien. Und da ist eine neue Cellistin Olga (Sophie Kauer), welche die Aufmerksamkeit von Tár erregt.[3]

„Tár“ weiterlesen

Drive My Car

Jahr: 2021 | Originaltitel: „Doraibu mai kā“ | Regie & Drehbuch: Ryūsuke Hamaguchi | Spielfilm | 179min | Location: Hiroshima

Es ist vollbracht. Ich erwähnte an dieser Stelle bereits, dass mein Filmjahr 2022 keine wirklichen Highlights bereithielt und ich die letzten Wochen des Jahres nutzen würde, dieses noch zu finden. „Drive My Car“ ist genau dieses gesuchte Glanzlicht geworden.
„Drive My Car“ hatte meine Aufmerksamkeit gewonnen, durch die zahlreichen Preise, die der Film 2022 gewinnen konnte. Zusätzlich sprach für ihn, dass das Drehbuch auf einer Geschichte Haruki Murakamis basierte und der geneigte Leser dieses Blogs dürfte meine Sympathien zu einem der bekanntesten japanischen Autoren des laufenden Jahrhunderts kenne. Ich gebe zu, als ich sah das der Streifen eine Laufzeit von 180min hat, damit spekuliert zu haben, mir den Spielfilm auf zwei Abende zu legen, aber trotz einer eigentlich übersichtlichen Story, fesselt „Drive My Car“ fast von der ersten Minute und ausschalten wird bald nicht mehr möglich. Zusammenfassend würde ich sagen liegt das unter anderem daran, dass seine Handlung ergreifend und seine Themen menschliche Tiefe haben, sondern auch noch, weil seine Bildsprache brillant inszeniert ist. „Drive My Car“ weiterlesen

Cinco Lobitos / Lullaby

Jahr: 2022 | englischer Titel: „Lullaby“ | Drehbuch & Regie: Alauda Ruiz de Azúa | Spielfilm | 104min

Kinematografisch lief dieses Jahr eher schleppend und ich kann nicht sagen, dass mir ein herausragendes filmisches Meisterwerk 2022 in Erinnerung geblieben ist. Das liegt aber wohl eher an mir und meinem Mühsal, mich ins Kino zu begeben (was dringend notwendig wäre) oder mich meiner Filmplattformen zu bedienen (weniger notwendig, denn das Kino benötigt mein Geld dringender). Auf letztgenannter Option fand sich neulich ein spanischer Film, bei dem die aus dem Film „Victoria“ bekannte Schauspielerin Laia Costa mitwirkte. Das klang vielversprechend genug. „Cinco Lobitos / Lullaby“ weiterlesen

Der Fall Richard Jewell

Jahr: 2019 | Originaltitel: „Richard Jewell“ | Regie: Clint Eastwood | Drehbuch: Billy Ray | Spielfilm | Länge: 129min | Location: Atlanta (USA) im Jahr 1996

Richard Jewell (Paul Walter Hauser) ist ein Sicherheitsdienstangestellter, der seinen Dienst sehr ernst nimmt und ein Verfechter strenger Regeln und deren Einhaltung ist, was ihm wiederum bei seinem Jobs gelegentlich auf die Füße fällt, weil er das Image eines machtgeilen Aushilfssherifs akkumuliert. Aus Anlass der Olympischen Spiele in Atlanta 1996 finden im Rahmenprogramm des Großereignisses einige Konzerte in der Stadt statt. Auf einem dieser Konzerte ist Jewell angestellt und findet eine Bombe. Er versucht noch, so viele Menschen wie möglich aus der Gefahrenzone zu bekommen, bis die Bombe explodiert und leider Verletzte und Tote hinterlässt. Schnell als Held gefeiert, wird das FBI unter Leitung von Tom Shaw (Jon Hamm) misstrauisch gegenüber Jewell und mit der Methode des hausinternen Profiling, verdichtet sich der Verdacht, Jewell könnte selbst die Bombe explodiert haben lassen, um danach als Held dazustehen. Davon bekommt die Reporterin Kathy Scruggs (Olivia Wilde) Wind und macht aus Jewell in ihrer Reportage einen Massenmörder. Jewell jedoch kooperiert anfangs hilfsbereit mit den Behörden, doch als die Wohnung, die er zusammen mit seiner Mutter Bobi (Kathy Bates) bewohnt, komplett auseinandergenommen wird und die Medienmassen an jeder Ecke auf ihn lauern, vertraut er immer mehr seinem Anwalt Watson Bryant (Sam Rockwell) und schlägt gegen das FBI und die Medien zurück. „Der Fall Richard Jewell“ weiterlesen