T.C. Boyle – Die Frauen

Erschien 2009 im amerikanischen Original als „The Women“ | in deutscher Übersetzung von Dirk von Gunsteren und Kathrin Razum | hier vorliegend als dtv Taschenbuch mit 560 Seiten

Es gibt Buchtitel, die nach einem kurzen Blick für schnelle Aufmerksamkeit sorgen, weniger vielleicht bei mir, mehr bei Menschen, die nur mal geschwind wissen wollen, was der Gegenüber liest (ich kenne das Bedürfnis, ich schaue auch gern – beispielsweise im Freibad oder in der Bahn – darauf, was andere Menschen so lesen, wobei mich weniger der Titel interessiert, sondern mehr die Autorenschaft). So geschah es, bei meiner Sommerlektüre von T.C. Boyles 12.Roman aus dem Jahr 2009, mit dem griffigen Titel: „Die Frauen“, dass insbesondere gerade genanntes Geschlecht mir verwunderte Blick und eine gewissen Ablehnung kenntlich machte, wegen meines Buches und ich fühlte mich ein wenig, als wenn die fragenden Blicke mir vorwerfen würden, ich würde ein Machwerk über das „andere Geschlecht“ studieren (was auch immer dann der Inhalt dieses Werkes wäre). „T.C. Boyle – Die Frauen“ weiterlesen

T.C. Boyle – Als ich heute Morgen aufwachte, war alles weg, was ich mal hatte

Im Juli habe ich an dieser Stelle vom ungeschriebenen Gesetz geschrieben, zwei T.C. Boyle Romane pro Jahr zu lesen. In jenen Tagen war mir nicht bewusst, dass ich noch auf einen Bücherwühltisch treffen würde und ich muss gestehen, es gibt nicht viele Sachen in der weiten Welt des Konsums, die mich mehr affizieren, als gute Bücher aus den Tiefen eines Wühltisches zu angeln. Dort fand ich „Als ich heute Morgen aufwachte, war alles weg, was ich mal hatte“, einen Erzählband des US-Amerikaners, der mit „die besten Stories“ untertitelt war, also so etwas, was man übersetzt auf den Musikmarkt mit „Best Of“ bezeichnen könnte, daher eine Sammlung von Kurzgeschichten, die als solche in jeweils in getrennten Bänden erschienen. So gesehen, bleibt es vorerst bei der Regel zwei Romane von Boyle pro Jahr zu lesen (denn Erzählungen sind eben keine Romane), gleichzeitig habe ich aber das Vergnügen, einen Eindruck von Boyles Short Stories gewonnen zu haben. „T.C. Boyle – Als ich heute Morgen aufwachte, war alles weg, was ich mal hatte“ weiterlesen

T.C. Boyle – Grün ist die Hoffnung

Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass ich im Jahr zwei T.C. Boyle Romane lese. Nachdem recht politischen und vollkommen humorfreien „Hart auf Hart“ (Boyles 15. Roman aus dem Jahr 2012) zu Beginn des Jahres, waren meine Hoffnungen auf ein amüsanteres Buch aus den ersten Jahren seines Schaffens zu treffen groß (ähnlich wie sein großartiges Debüt „Wassermusik“) und so kam „Grün ist die Hoffnung“ (sein 2. Roman aus dem Jahr 1984) auf meine Sommerbuch-Liste. „T.C. Boyle – Grün ist die Hoffnung“ weiterlesen

T.C. Boyle – Hart auf hart

So ganz langsam lese ich mich durch das Universum T.C. Boyles. Sein 2015 im Original als „The Harder They Come“ erschienener Roman „Hart auf Hart“ beleuchtet, so wie man es aus Boyles Romanen kennt, an drei Figuren, einen Aspekt US-amerikanischer Gesellschaft.
Wir sind in der Gegenwart mit den Stensons auf einer luxuriösen Kreuzfahrt, die sich einen Landgang genehmigen. Es soll in den Dschungel Costa Ricas gehen, als die kleine Reisegruppe, allesamt Pensionäre, in einen Hinterhalt gelangen und dort ausgeraubt werden. Sten, ehemaliger Schuldirektor und Vietnam-Veteran, fackelt nicht lange und wehrt sich gegen einen Räuber, wobei dieser zu Tode kommt. Zurück in Nordkalifornien wird Sten als Held gefeiert, was ihm ziemlich unangenehm ist. Doch bald holt ihn sein Alltagsleben ein und damit auch die Probleme mit seinem 25-jährigen Sohn Adam, der, um es milde zu formulieren, immer wunderlicher wird, bevorzugt durch den Wald streift, um seinem großen Vorbild, dem Trapper John Colter, nachzueifern. Adam trifft auf Sara, einer Anhängerin des Sovereign Citizen Movement, die davon überzeugt ist, dass der amerikanische Staat ihr schonmal gar nichts könne und sie als freier Bürger über die Straßen Kaliforniens brausen und zu ihren Jobs fahren könne und ob sie dabei angeschnallt ist, oder nicht, wäre einzig und allein ihr Problem und geht mit Sicherheit die Polizei nichts an. „T.C. Boyle – Hart auf hart“ weiterlesen

T.C. Boyle – Wenn das Schlachten vorbei ist

Boyles 13.Roman „When the Killing is gone” kam im englischen Original 2011 heraus und thematisiert einen Streit zwischen zwei Gruppen von Umweltschützern. Auf der einen Seite steht Alma Boyd, Pressesprecherin des Channel Island National Parks. Diese staatlich geförderte Organisation wurde zum Schutz der Kanalinseln gegründet, welche vor der kalifornischen Küste bei Santa Barbara liegen. Almas aktuelles Projekt ist es, die Inseln auf ihre natürliche tierische Population zurückzuführen, was beispielsweise für das kleine Inselchen Anacapa bedeutet, dass man dort alle Raten tötet, weil diese vom Menschen eingeschleust wurden und die natürlich bzw. länger auf der Insel lebenden Tierarten bedrohen. Alma wird dabei, zumindest unbewusst von ihrer Großmutter angetrieben. Sie überlebte kurz nach Ende des 2.Weltkriegs einen dramatischen Bootsunfall und konnte sich mit letzter Kraft auf Anacapa retten, wo sie auf Heerscharen von Ratten traf, die aber nicht ihren eisernen Willen zu Überleben hat einschüchtern konnten.
Eine entgegengesetzte Position, gleichwohl aber auf Tierschutz ausgerichtet, vertritt die FPA, eine vom einen wohlhabenden Rasta Träger gegründete Gesellschaft, welche sich dem radikalen Tierschutz widmet, der das Töten aller Tiere verhindern möchte und damit auch das der Ratten auf Anacapa. „T.C. Boyle – Wenn das Schlachten vorbei ist“ weiterlesen

T.C. Boyle – Drop City

Die 1970er Jahre sind angebrochen und in der Hippie-Kommune Drop-City findet der ganz normale Hippie-Alltag statt; Drogen, freie Liebe, gemeinsame Essenzubereitung und Verspeisung, eine gesunde Skepsis bezüglich des kapitalistischen Systems bei gleichzeitiger Inanspruchnahme von sozialstaatlichen Leistungen. Wechselnde Bewohner und Besucher kommen nach Drop City auf der Suche nach einem Leben, das versucht dem konformen Dasein eine Alternative aufzuzeigen, oder besser noch, diese Alternative in vollen Zügen zu leben.
Star und Pan sind schon eine kleine Weile im Camp, nachdem sie von der Ostküste hier nach Kalifornien gekommen sind. Während Star ihr Leben, der Freiheit des eigenen Lebensentwurfes widmet, ist Pan eher der hedonistische Typ, der Drogen und andere „Weiber“, so die offizielle Terminologie für Frauen im Camp, ausprobiert. Dazu gesellt sich Marco, Neuankömmling in Drop City, der ein neues Leben beginnen will, weil er vor seinem alten Leben reißaus genommen hat. Und so leben sie in den Hippie-Tag hinein unter der Sommersonne irgendwo im Sonoma County im Norden Kaliforniens.
Sehr viel weiter im Norden der USA, in Alaska, ist der Sommer eher kurz, aber heftig. In Boynton, einer Siedlung die man ohne Übertreibung als das letzte Nest, vor dem Nichts bezeichnen kann, holt der Einsiedler Sess Harder eine Frau ab, die sich als potenzielle neue Lebenspartnerin entpuppen könnte. Pamela möchte ein Leben in der Wildnis führen und schaut sich drei Kandidaten für je drei Tage an, um dann zu entscheiden, mit wem sie den Rest ihrer Tage verbringen möchte. „T.C. Boyle – Drop City“ weiterlesen

T.C. Boyle – World’s End

Der große amerikanische Roman, wenn man denn eine solches Sujet in der Literatur verorten möchte, versucht die DNA der USA aufzuspüren, zu zeigen, was dieses Land antreibt, aufhält, bewegt, erregt, kurz was es heißt „Amerika“ zu sein. T.C. Boyles dritter Roman, aus dem Jahr 1987 kann man ziemlich gut in diesem Themenbereich verorten, denn er spielt nicht nur an der amerikanischen Ostküste, sondern beschreibt den Zustand der USA anhand von zwei sehr unterschiedlichen Zeitpunkten. Im 17. Jahrhundert und in der Zeit der Hippies um 1968. „T.C. Boyle – World’s End“ weiterlesen

T. C. Boyle – Wassermusik

Es sind turbulenten Zeiten, in die uns T.C. Boyles Debütroman aus dem Jahr 1982 einlädt. Er führt uns in die Epoche kurz nach der französischen Revolution, wobei sich der Blick auf England richtet. Dort überzeugt Mungo Park die hiesige Afrikagesellschaft, der richtige Kandidat zu sein für eine waghalsige Expedition auf den schwarzen Kontinent. An der Wende zum 19. Jahrhundert war der Fluss Niger, übrigens der Drittlängste des Erdteils, zwar in Europa bekannt, aber kein Weißer war je zu ihm vorgestoßen und man war sich geografisch vollkommen unschlüssig, wohin dieser geheimnisvolle Strom fließen würde. Vorherige Expeditionen war aus diversen Gründen gescheitert – jedoch immer tödlich gescheitert –  und so ruhen die Hoffnungen auf den jungen Schotten Parks, der seine Verlobte Allie in Nord-Britannien zurücklässt, um sich ins afrikanische Abenteuer zu stürzen, wo er die Hilfe von Johnson in Anspruch nehmen kann, einen durch seine, teilweise sehr tragischen Lebensumstände, mit der europäischen Kultur in intensiven Kontakt gekommenen, Mandingo-Einwohner.
Ned Rise wiederum lebt auf den Straßen Londons, auf denen es in jenen Jahren hart, rau und schmutzig zuging. Seine notleidende Kindheit macht ihn erfinderisch und so lebt und überlebt er den keinesfalls einfachen Alltag der Jahrhundertwende. Doch immer wenn sich für ihn ein Ausweg aus Armut und Hunger zu eröffnen scheint, stürzt er wieder in ein anderes Unglück, denn sein größtes Talent scheint zu sein, zu überleben. „T. C. Boyle – Wassermusik“ weiterlesen

T.C. Boyle – San Miguel

Neuerdings treffe ich immer Dienstag meine Freunde zum Dönerstag und weil das meist an der Altmarktgalerie stattfindet, kann man danach noch immer einen prima Besorgungsgang antreten. Und wenn man dabei beim Buchladen vorbeikommt, umso besser und dann noch besser: Wühltisch ist vorhanden und gefüllt! Dabei muss man eines feststellen: 95% des Wühltischangebotes sind nichtssagende Werke für mich, aber wenn man 100 Bücher durchgeht und die hat so ein Wühltisch locker, dann bleiben eben auch mal 5 Bücher hängen, wovon dann vielleicht eins gut genug ist, es tatsächlich für den angegebenen Sonder-Wühltischpreis zu erwerben. Diesmal fand ich T.C. Boyles „San Miguel“. Nachdem „América“ ja ein ziemlich guter Roman war, kann man da nicht viel falsch machen, dachte ich mir. „T.C. Boyle – San Miguel“ weiterlesen

T.C. Boyle – América

Besuche in anderen Ländern verleiten, sich den dortigen Autoren und ihren Gegenständen zu nähern und manchmal damit mehr zu entdecken als nur Landschaften oder Städte. Durch einen Aufenthalt in Kalifornien fiel mir der Name T.C. Boyle auf. T.C. steht für Tom Coraghessan (wobei er sich den zweiten Vornamen im Alter von 17 Jahren selbst gab). Nach einem kurzen Überfliegen der zahlreichen Romane und Geschichten von Boyle hatte ich mich für „América“ entschieden, um einen Eindruck von den Werken Boyles zu bekommen. Tatsächlich heißt das Buch im Original „The Tortilla Curtain“ (ich nehme an, Boyle wäre die deutsche Version in der amerikanischen Heimat etwas zu wuchtig gewesen). Mit dieser in den USA umgangssprachlich verwendeten Bezeichnung ist die Grenze zwischen Kalifornien und Mexiko gemeint bzw. deren Durchlässigkeit, die zu einer illegalen Immigration von Mexikanern in den Norden führt. Obwohl der Roman 1995 geschrieben wurde ist er auch heute noch aktuell, war es doch gerade erst US-Präsident Trump, der als Wahlversprechen eine Mauer zu Mexiko versprach. „T.C. Boyle – América“ weiterlesen