Andrea lässt sich scheiden

Jahr: 2024 | Regie & Drehbuch: Josef Hader | Komödie | 90 Minuten | Location: in der österreichischen Provinz nahe St. Pölten

Betreuung steht eigentlich für eine Hilfe, die man im Regelfall jüngeren oder älteren Menschen zuteilwerden lässt, weil diese selbige benötigen. Aber in unserer wortspielreichen Welt (könnte es eine schönere Welt geben?) wird der Begriff Betreuung gern auch mal abgewandelt. In Dresden beispielsweise gibt es das äußerst erfolgreiche (und mir leider unbekannte) Format des betreuten Singens, das sich nach den mir vorliegenden Informationen insbesondere bei der hiesigen Damenwelt großer Popularität erfreut. Da hat man sich im Programmkino Ost vielleicht gedacht, mit „Betreuung“ machen wir auch was! Oder man dachte sich, mit Josef Hader machen wir was, denn im März und April gab es hier eine Filmreihe mit dem Titel „betreutes Hadern“, in der Filme des großartigen österreichischen Kabarettisten, Schauspielers und Regisseurs gezeigt wurden (und eine Gesprächsrunde mit ihm, die ich leider verpasste). In dieser Reihe lief auch Haders neuester Film, „Andrea lässt sich scheiden“, der 2024 in die Kinos kam. Zwar war der Betreuungscharakter im Film auf das Zeigen von Untertiteln reduziert (was bei einem deutschsprachigen Film aus der österreichischen Provinz schon ein wenig anmaßend erscheint, gerade in Sachsen), aber das Publikum – im überwiegend gesetzten Alter – war trotzdem zahlreich erschienen. „Andrea lässt sich scheiden“ weiterlesen

Altes Geld

Wir müssen mit einem kleinen Gedankenspiel beginnen. Wer regiert im Land? Die politische Führung, die vom Willen des Volkes bestimmt ist? Eine mächtige Elite aus der Wirtschaft, die Kraft ihres Geldes sich die Macht kauft? Oder vielleicht eine Mischung aus beiden? Wie auch immer sie auf die Frage antworten würden, „Altes Geld“, die Fernsehserie von David Schalko aus dem Jahr 2015 hat einen Vorschlag anzubieten.
Familie Rauchensteiner ist eine der einflussreichsten und wohlhabendsten Familien Österreichs. Der Familienpatron Rolf (Udo Kier) führt nicht nur die Geschicke seines Industrieimperiums, sondern weiß auch die Mächtigen auf seine Seite zu ziehen. Doch Rolf hat ein gesundheitliches Problem, denn seiner Leber geht es schlecht, sie muss dringend ausgetauscht werden. Wäre doch gelacht, wenn ein Rolf Rauchensteiner keine neue Leber bekäme! Doch sein Leibarzt Dr.Schober (Cornelius Obonya) macht ihm da nicht so große Hoffnung und auch Rauchensteiners Frau, die sonst so umtriebige Liane (Sunnyi Melles), ist pessimistisch, wenn es um ein langes Weiterleben ihres Gatten geht. Zeit die Familie zusammen zu rufen.
Und natürlich kommen alle: Zeno, Rauchensteiners (Nicholas Ofczarek) Sohn aus erster Ehe, der sich der Spielsucht verschrieben hat. Jana (Nora von Waldstätten), die ihr Leben in einer selbst-bezogenen, hedonistischen Welt lebt und eine eigenwillige Geschwisterliebe zu Jakob (Manuel Rubey) entwickelt hat, der sich wiederum in größtmöglicher Abkehr von der Familie in Afrika befindet, um dort zu helfen. Aber auch er kommt zurück zum Familienstammsitz, um den Vater zu hören, der wiederum von seinem loyalen Leibwächter Kralicek (Robert Palfrader) geschützt und von seinem Sekretär Herwig Brunner (Thomas Stipsits) unterstützt wird. Jedoch hat Herwig, wie eigentlich jeder, gleich mehrere Geheimnisse, eines davon ist, dass seine Frau Barbara (Ursula Strauss) annimmt, er verkaufe nur Globen.
Altes Geld zeigt eine Welt, in welcher der Staat von kleinen Eliten geleitet wird und in welcher nur noch Wenige, wie der Leiter der Organvergabestelle Tscheppe (Simon Schwarz), sich an festgelegte oder moralische Regeln halten wollen.  „Altes Geld“ weiterlesen

Braunschlag

Mein Kollege bezeichnet faszinierende Dinge, die er im Internet findet, gern als Perlen und seit es die Seite „Perlentaucher“ gibt, glaube ich, dass dies ein allgemein gebräuchlicher Ausdruck dafür ist. Nun ist es so, dass auch ich auf eine Perle gestoßen bin. Geschehen in meiner Internet-Videothek, als ich etwas sinnentleert rumklickte und auf die österreichische Mini-Serie „Braunschlag“ aus dem Jahr 2012 traf und beim Lesen des Titels, dies für ein Nazi-Drama hielt. Dem ist aber ganz und gar nicht so, vielmehr ist es neben, „Mord mit Aussicht“ das beste deutschsprachige TV-Produkt der letzten Jahre. „Braunschlag“ weiterlesen