Jahr: 2017 | Regie & Drehbuch: Guillermo del Toro | Fantasy – Romanze | Länge: 123min
Elisa (Sally Hawkins) ist eine alleinstehende Putzkraft, welche über einem nicht gerade reichlich frequentierten Kino in Baltimore wohnt. Ihr Nachbar Giles (Richard Jenkins), ein wenig erfolgreicher Kunstmaler, ist ihr bester Freund und Gesprächspartner, wobei es besser Kommunikationspartner heißen muss, denn Elisa ist stumm. Sie arbeitet in einem amerikanischen Forschungslabor, wo sie nicht nur täglich mit ihrer besten Freundin Zelda (Octavia Spencer) reinigt, sondern in welchem sie erstmals mit einer amazonischen Amphibienkreatur (Doug Jones) in Kontakt kommt und sogleich fasziniert von dem menschenähnlichen Wesen ist. Dabei muss sie jedoch auch erleben, wie nicht nur ein großes wissenschaftliches Interesse am Wesen besteht, verkörpert vom Forscher Dr. Hoffsetler (Michael Stuhlbarg), sondern wie die Kreatur zu einem Objekt des Kalten Krieges wird (die Handlung spielt in den 1960er Jahren), mit einer gnadenlosen militärischen Ausnutzung der Lebensform. Dafür zuständig ist der brutale Sicherheitschef Strickland (Michael Shannon).
„The Shape of Water“ (schweigen übermannt mich, wenn ich an den deutschen Untertitel denke), war einer der erfolgreichsten Filme des Jahres 2017 und gewann vier Oscars unter anderem auch als bester Film, sowie den Goldenen Löwen in Venedig. Sieht man sich den Film an, wird dies bald augenfällig, denn optisch ist dieser Fantasyfilm ein absolutes Erlebnis. Farben, Kulissen, Beleuchtung und Perspektiven spielen ausgefallen miteinander und erschaffen ein optisches Kunstwerk, welches den allerhöchsten Ansprüchen genügt. Leider kann der Rest des Films diesen Anspruch nicht halten, ganz im Gegenteil. Selbst wenn man den Abstraktionsschritt mitgeht, dass es sich um ein Märchen handelt, in welchem Gut und Böse klar definiert sind und ausgespielt werden, so ist nicht nur die Handlung platt, sondern auch die Charaktere so simpel gestrickt, dass jeder Disneyfilm über Ariel, die Meerjungfrau mehr Tiefgang verspricht.
Der Rückgriff auf die 1960er Jahre für das Setting des Films wurde wohl aus optischen Gründen gemacht, um einen, wie oben erwähnten, grandiosen Retro-Style zu präsentieren. Auffällig ist aber eine Faszination der letzten Jahre in der Film- und Serienwelt (eventuell schon startend bei „Mad Man“), sich auch thematisch mit den 1950er und 60er Jahren zu beschäftigen. Bei „The Shape of Water“ erscheint diese Beschäftigung aber nicht aus irgendeinem historischen Interesse, sondern aus der damit glaubwürdiger erscheinenden Vereinfachung des Schemas Gut vs. Böse[1]. Schaut man dann auf die Filme des Jahres 2017, in welchem genau die Frage was ist Gut und Richtig so intelligent aufgelöst wurde wie bei „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ oder wo eine Liebesgeschichte so gefühlvoll und vielschichtig wie in „Call me by your Name“ gezeigt wurde, dann fragt man sich schon warum „The Shape of Water“ den Preis als bester Film gewann und nicht die beiden vorher genannten Streifen. Das „The Shape of Water“ dazu den Titel für „beste Filmmusik“ gewann, lässt mich an meinen Hörfähigkeiten zweifeln, denn mehr als das beschauliche Blockbustergedudel, welches den Szenen die Extraportion Schmalz beifügt, liefert Alexandre Desplat hier nicht. Zusammenfassend bleibt ein sehr gespaltenes Urteil über „The Shape of Water“, ein optisches Meisterwerk mit abgrundtief platter Handlung und Charakteren.
[1] Tatsächlich könnte man einwenden, dass der Kontrast Gut-Böse komplex aufgebaut wird, weil die damalige Feindfigur – der Russe – hier ambivalent, ja geradezu „gut“ dargestellt wird. Das geschieht aber nur unter dem Preis, dass dafür das amerikanische Militär als ebenso verbohrt, engstirnig und gewaltliebend erscheint, wie die Sowjetunion, besonders in den 1980er Jahren von amerikanischer Seite dargestellt wurden. Wenn dieser kleine Wechsel der Perspektive ein Schritt vorwärts sein soll, dann ist die Wegstrecke minimal.