In einem Literaturzirkel im Fernsehen hörte ich vor einiger Zeit erstmals den Namen Thomas Melle und weil mich das Gesagte offensichtlich begeisterte, ließ ich mir vor geraumer Zeit ein Roman von ihm kommen, für wenige Euro, denn er war in gebrauchten Zustand.
„3000 Euro“, Melles zweitem Roman, aus dem Jahr 2014, erzählt über zwei Menschen, die in der soziologischen Aufteilung der Gesellschaft eher im Bereich des Prekariats zu verorten sind. Denise sitzt bei lidl an der Kasse und hat vor einigen Wochen etwas Geld hinzuverdient, als sie in einem Porno mitspielte. Jetzt kreisen ihre Gedanken nicht mehr nur noch um die eigene Tochter, die für ihr Alter etwas hinten dran ist, sondern auch um die Gedanken der Menschen die sie täglich begegnet und die Frage, ob diese sie von ihrem freizügigen Auftritt her erkennen. Ihr fällt der Flaschenpfandsammler Anton auf, der scheinbar auf der Straße lebt. Dieser begann seine Karriere einst als begeisterter Student der Jurisprudenz, verfiel aber immer mehr dem Ausgehen, den Partys und dem Alkohol und verlor nicht nur sein Studium, sondern irgendwie auch sein Leben dabei. Jetzt hat er 3000 Euro Schulden bei der Bank und hofft in einem Gerichtsprozess für geschäftsunfähig erklärt zu werden, womit er seine dringendsten Sorgen los wäre. Denise und Anton begegnen sich und fühlen sich zu einander hingezogen und eine Romanze am unteren Ende des gesellschaftlichen Randes beginnt.
Dieser rund 200 Seiten kurze Roman beginnt stark. Das Setting ist ungewöhnlich und Melles Sätze sind klar und realistisch, man taucht als Leser hinein in die Welt derer, die man für gemeinhin als auf der sozialen Leiter weiter unten betrachtet. Doch mit steigender Seitenzahl wird die Erzählung etwas uninspiriert und verfällt in die Klischees, die für die Verlierer der kapitalistischen Gesellschaft bereit gehalten werden. Während Anton der Frage nachhängt, wie er sein Leben nur so verpfuschen konnte, kreisen Denises Gedanken um das Thema ihrer nicht mehr zu erfüllenden Träume. Dabei ist von Anfang an klar, dass hier kein Wunder passieren wird und ja, auch die obligatorischen Rückfälle und Probleme kommen vor. Solide und gut geschriebene Literatur. Aber es bleibt die Frage beim Leser zurück, ob mit dem Buch irgendetwas Größeres gesagt oder gezeigt würde und ich befürchte das ist hier nicht der Fall.