Idee: Nic Pizzolatto, Issa López | Krimi-Serie | 6 Folgen | veröffentlicht 2024 auf HBO (in Deutschland auf wow) | Location: Alaska
In der Winterszeit, welcher diesen Februar eher einem Vorfrühling glich, sind Serien über den rauen, kalten und dunklen Norden thematisch ganz passend. So entführt uns die 4.Staffel der Krimireihe „True Detective“ in das Nachtland Alaskas, in welchem es in der Polarnacht an einigen Tage gar kein Tageslicht mehr gibt.
Im kleinen Städtchen Ennis ist genau diese Polarnacht hereingebrochen und in der Forschungsstation Tsalal verschwinden, die sonst von der Außenwelt abgeschiedenen und dahin-wissenschaftlernden Forscher, bis sie Tod im Eis gefroren aufgefunden werden. Die Leiterin der örtlichen Polizeibehörde Liz Danvers (Jodie Foster) bekommt ihren bisher größten Fall. Glücklicherweise hat sie Officer Peter Prior (Finn Bennett), einen jungen Familienvater, der diese aber im Grunde nicht mehr sieht, weil Danvers ihn mit Arbeit zulädt. Auch Trooper Evangeline Navarro (Kali Reis) hat Interesse an diesem Fall, aber Danvers und sie haben eine dunkle Vergangenheit und es wird einige Zeit brauchen, bevor beide zusammenarbeiten werden.
„True Detective“ erhält in Staffel 4 erstmal ein weibliches Ermittlerduo und sucht sich als Location, den eisigen und dunklen Norden Alaskas aus. Das könnte alles sehr vielversprechend und stimmungsvoll sein, aber es ist es leider überhaupt nicht, ganz im Gegenteil, wird diese Mini-Krimi-Serie von Folge zu Folge immer schlechter. Das fängt damit an, das „Night Country“ ein bisschen mit dem Mistery-Genre spielt und böse Geister der Dunkelheit insinuiert. Das wirkt aber nur wenig glaubhaft, denn als Zuschauer der mittlerweile 4.Staffel von True Detective ist man darüber in Bilde, dass es sich um ein realistisches Szenario ohne böse Geister handelt, auch wenn erstmals ein Untertitel für eine Staffel verwendet wird und wenn statt Nic Pizzolatto diesmal Issa López als Showrunner verantwortlich ist.
Das ist aber gar nicht die Hauptkritik, die ich anbringen würde. Vielmehr vermisst die Serie an vielen Stellen ein Gefühl für die Dinge, die sie darstellen möchte. Das beginnt damit, dass die Polarnacht falsch datiert wird (denn wenn die Polarnacht kurz vor Winterbeginn hereinbricht, dann muss sie auch kurz nach der Sonnenwende wieder aufhören und kann nicht beliebig weitergeführt werden, nur weil man als Serie das im Handlungsrahmen gern so hätte). Schlimmer ist die Darstellung des fiktionalen Ortes Ennis, der eine Kleinstadt am Rande des kalten Nirgendwo sein soll. Dann baut die Serie hier aber einen eher metropolenartigen Aktivismus eines Teiles (der eh nur kleinen) Bevölkerung auf und man fühlt sich bei der Inszenierung von Demonstrationen an New York erinnert, die außer Rand und Band geraten. Noch schlimmer ist die Auflösung des Krimigeschehens. Hier muss ich leider etwas SPOILERN. Der Fall wird zwar aufgelöst (quasi sogar doppelt, wenn nicht gar dreifach), aber mit einer moralischen Pointe, die sowohl Selbstjustiz als einen legitimen Akt erscheinen lässt, als sich auch fragen muss, ob der Subtext im Hintergrund als Aussage so wirklich stehen bleiben sollte, nämlich das Wissenschaft auf der Suche nach dem „Guten“ zu weit gehen kann und man sie dann doch lieber kaltstellen sollte.
Bei aller Kritik sei aber auch auf die sehenswerten Stellen verwiesen. Die Serie fängt teilweise sehr schöne Bilder einer dunklen und rauen Winterlandschaft ein, hat einen (zwar manchmal übertrieben lauten) aber guten Soundtrack mit einem schönen Titelsong von Billie Eilish und zeigt uns zwei Hauptrollen, die weibliche Ermittler in ein neues Licht setzen, als Anti-Heldinnen, die dominant, fordernd und rau wirken können und ihre Moral manchmal dahinlegen, wo sie gerade passt. Leider reicht das nicht dafür aus, diese Staffel als sehenswert zu bezeichnen.