Glauben sie an die Wahrheit? Dies ist das Thema des ersten Films als Regisseur von James Vanderbilt. Basierend auf einer „wahren“ Geschichte erleben wir das Team der Nachrichten-Reportage „60 Minutes“ des amerikanischen Senders CBS. Produzentin Mary Mapes (Cate Blanchett) steht vor einer interessanten Geschichte mitten im Wahlkampf zur Präsidentschaft der USA. Amtsinhaber Bush soll in den 1970er Jahren keinesfalls so ehrenhaft an der Heimatfront bei den Texas National Air Gardes seinen Dienst verrichtet haben, wie er gern behauptet, da er dadurch nicht nach Vietnam eingezogen wurde. Das Team um Mary, dem der Schnüffler Mike Smith (Topher Grace), der Militärexperte Colonel Roger Charles (Dennis Quaid) und die Universitätsangestellte Lucy Scott (Elisabeth Moss) machen sich auf die Suche nach Beweisen für die Lücken und Probleme in der heldenhaften Erzählung der Biographie Bushs. Und tatsächlich werden sie fündig. Insbesondere zwei Dokumente, die nur kopiert vorliegen zeigen, wie Bush in der Armee kurz vor dem Rausschmiss stand. Als der Anchorman Dan Rather (Robert Redford) mit der Geschichte auf Sendung geht, scheint die Story viel Wind aufzuwirbeln. Doch schnell machen sich Zweifel breit und gerade von konservativer Seite kommt der Vorwurf, dass die Dokumente gefälscht sein müssen.
„Die Wahrheit“ ist ein Polit-Thriller, den man auf mehreren Ebenen lesen kann. Als erstes scheint er in die Kategorie „Hollywood-Film rechnet mit der Präsidentschaft von George W. Bush ab“ (einen Mangel an Stoff und Themen kann man den acht Jahren kaum absprechen) zu fallen, verbunden mit einem Plädoyer das Politik sich nicht in die 4.Gewalt des Staates, die Medien, einmischen darf. Doch auf den zweiten Blick, ist der Film durchaus als mehr zu bewerten. Denn er nimmt die Frage, glauben sie an die Wahrheit ernst. Doch was heißt denn glauben an die Wahrheit wirklich? Die Wahrheit als Aussage über etwas, dass mit den Tatsachen übereinstimmt bedarf eigentlich keines Glaubens, sondern vielmehr eines Wissens, denn wenn ich an etwas nur glauben kann, dann weiß ich es eben auch nicht. Aber hier schließt sich die nicht unerhebliche und schon philosophische Frage an, was können wir wirklich wissen? Verlassen wir diese Höhen anthropologisch-grundsätzlicher Fragen, dann stehen wir vor der Frage, was Berichterstattung in den Medien und Wahrheit (miteinander) zu tun haben. Und hier scheinen, nach Aussage des Filmes, zwei Tendenzen aufeinander zu treffen. Die eine ist es Fragen zu stellen und Antworten zu finden. Die andere ist es Argumente für Meinungen zu präsentieren und diese Meinungen als Wahrheiten zu verkaufen. Ist der erste Prozess eher eine Art von Suchen, eine offensive Tätigkeit, so ist der zweite eine Art von Verteidigen, eher der Defensive zuzurechnen. Die Sache wird natürlich komplexer allein schon dadurch, dass die Suche gewisse journalistische Kriterien berücksichtigen muss, welche der Film beleuchtet (wenngleich er klare Linien der Sympathie zieht). Und so scheinen wir tatsächlich eher in eine mediale Gesellschaft zu geraten, in dem die Wahrheit nicht mehr vorbehaltlos gesucht wird, sondern sie zu einem dehnbaren Element des Meinungsverkaufs wird. Allein dieses Bemühen, unsere Medien näher zu beleuchten ist ein Verdienst von „Wahrheit“. Die Frage ist aber auch, ob abgesehen von der Botschaft, der Film als solcher überzeugt und hier fällt das Urteil gemischt aus. Teilweise tendiert er zu dick aufzutragen, was gerade gegen Ende des Streifens anfängt sehr ärgerlich zu werden (denn Wahrheit per se benötigt keine Emphase). So kann man „Wahrheit“ empfehlen, für alle die, die mit dem Themenkomplex Medien und Medienkritik schon immer etwas anfangen konnten.