Da ich, dass mir selbst nicht immer ganz geheuere, Verlangen habe, Werke der Weltliteratur zu lesen (was mir nicht geheuer ist, ist die Frage wie ich mir selbst klar mache, dass eben jenes Werk, dass ich als nächstes lesen möchte, Weltliteratur ist), ist vor einiger Zeit mein Augenmerk auf William Faulkner gefallen, einen der großen amerikanischen Schriftsteller der Moderne und Nobelpreisträger von 1950. „Licht im August“ gilt als das berühmteste und wohl am meisten gelesene Werk Faulkners, also warum nicht damit beginnen, auch wenn gerade Winter ist. Doch so dramatisch ist das nicht, denn wir haben es hier nicht mit einem Sommerbuch zu tun. Vielmehr ist es ein Werk über Rassismus, die Südstaaten der USA und über das Vergangene, das uns prägt.
Der Roman beginnt mit dem Auszug der jungen und etwas naiven Lena Grove. Sie wurde geschwängert und versucht auf eigene Faust, den Vater wiederzufinden, welcher sich aus dem Staub gemacht hat. Auf ihrer Reise von Alabama kommt sie nach Jefferson, einer fiktiven Stadt, die in vielen Faulkner Büchern immer wieder auftaucht. Hier trifft sie Byron Bunch, der sich auf der Stelle in sie verliebt, aber vor dem Dilemma steht, zu wissen, wo der Aufenthaltsort des richtige Vater des Kindes ist, es aber Lena nicht sagen will, da dieser gerade in einen Mord verwickelt ist. So rennt er zum ehemaligen Referenten Hightower und hofft von diesem Rat zu bekommen, der jedoch sieht nur noch die Scherben des eigenen Lebens vor sich, dass er auf Erinnerungen an seinen Großvater aufbaute. Der Mord wiederum beschäftigt die Polizei und schnell gerät Joe Christmas ins Visier der Fahndung, auch weil ihn sein Mitbewohner Brown (der wiederum der Vater von Lenas Baby ist) verpfeift.
Faulkner schreibt in unterschiedlichen Zeitebenen, die teilweise hin und her springen. So erleben wir beispielsweise im Mittelteil des Buches, die Geschichte von Joe Christmas, eines Waisenkindes, welches zwar wie ein Weißer aussieht, aber vielleicht schwarze Vorfahren haben könnte, so dass er von beiden Gruppen beargwöhnt wird. Dieser Teil des Buches beschäftigt sich intensiv mit Rassismus und das, ohne näher auch nur einen Schwarzen zu beschreiben. Dies gelingt Faulkner eindrucksvoll, mit Schaudern bemerkt man, wie die Kategorie Blut über Wert und weniger Wert eines Menschen entscheiden soll und denkt daran, dass dieses Buch 1932 veröffentlicht wurde, also ein Jahr bevor die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht bekamen und genau diesen Blutbegriff (im Begründungszusammenhang mit dem Rassenbegriff) zur offiziellen Staatsdoktrin erklärten. Doch auch Faulkners Charaktere sind größtenteils Rassisten, sei dieser nun offen zur Schau gestellt oder als Wohltätigkeit getarnt, gelebt in einer Welt in der Tradition und Religion fast gleich zu seien scheinen und beide nicht wirklich positiv vom Leser besetzt werden können. Überhaupt muss man feststellen, dass dieser Roman eigentlich keinerlei Sympathieträger hat. Faulkner ergreift dabei aber nie Partei, er berichtet und beschreibt, zeigt Entwicklungslinien auf, überlässt es aber dem Rezipienten darüber zu urteilen. Er lässt sogar einige Ereignisse im Dunkeln. So verlassen wir den Roman, ohne genau zu wissen ob zwei oder drei Morde passiert sind (wobei dies nicht wirklich entscheidend ist). So bleibt „Licht im August“ trotz mancher Längen zwischendrin, ein faszinierendes und irgendwie verstörendes Buch, dass aber genau deswegen eine klare Leseempfehlung ist. Oder anders formuliert: ich konnte mir ganz gut klar machen, dass dieses Buch tatsächlich Weltliteratur ist.