Erschien 2022 bei Hoffmann und Campe mit 288 Seiten
Wie ich so über den Mozartplatz in Salzburg schlendere, sehe ich ein Plakat mit einem schwarzen Müllbeutel auf weißem Hintergrund, „moderne Kunst“ meinte ich zu insinuieren (schließlich ist Salzburg eine Kunst- und Kulturstadt und hier muss man so etwas allerorten erwarten können), da aber klarten sich meine, von einer gewissen biologischen Alterung geplagten, Augen und ich las: Wolf Haas Müll, in gelben Lettern auf den Müllbeutel gedruckt. Augenscheinlich gab Wolf Haas eine Lesung und mit einiger, nicht nur visueller, Betrübnis musste ich jedoch feststellen, dass diese erst weit nach meiner geplanten Abreise aus der Stadt stattfinden sollte. Aber trotzdem gut, denn mir war bis zu jenem Moment nicht klar, dass ich einen neuen Roman von Wolf Haas erwarten konnte, der im Übrigen im Bundesland Salzburg das Licht der Welt erblickte, im wunderschönen Maria Alm am Steinernen Meer.[1]
Und dieser neue Roman ist tatsächlich der nunmehr neunte Teil der Brenner-Krimi Reihe. Den Brenner hat es auf den Müllplatz verschlagen, wo er als Mistler arbeitet. Auf dem Platz hat alles seine gewünschte Ordnung, in verschiedensten Wannen wird der Müll getrennt und recycelt. Doch leider findet sich mancher Müll immer mal wieder in der falschen Wanne und ganz selten muss die Polizei hinzugezogen werden, beispielsweise wenn menschliche Leichenreste sich über mehrere Wannen verteilt auffinden lassen. So kommt die Polizei ins Spiel, in Form des aufstrebenden Kommissars Savic und seines Kollegen Kopf, welcher einmal unter dem Brenner auf der Polizeischule gelernt hatte. Dieser hat aber keinerlei detektivische Ambitionen mehr, bis die schöne Iris ihn darum bittet, bei der Aufklärung zu helfen und einige Spuren zum Transportunternehmen Tobias führen.
„Müll“ ist wie alle Brenner-Krimis ein höchst amüsantes Werk geworden. Wie immer nimmt uns der sehr sympathische Erzähler des Romans mit und erklärt uns nicht nur die Kriminalgeschichte, sondern nebenher auch noch die Welt. Wir werden über die zukunftsträchtige Branche der Müllentsorgung aufgeklärt, lernen über die Unterschiede von Organspenden in Deutschland und Österreich, über übertriebenen Geiz und erfreuen uns an der eleganten Alternative zum Mieter oder Hausbesitzer, dem Bettgeher. Es ist diese Kombination aus einer humorvollen und ironischen Erzählung mit vielen kleinen und skurrilen Geschichten am Rande der Erzählung, welche die Brenner-Krimis einzigartig machen und die auch in der 9.Folge bei „Müll“ die Erwartungen vollends befriedigen. Lediglich als Krimi wird gegen Ende des Romans die Handlung leider etwas verschwommen. Das stört aber kaum, denn einen Brenner liest man nicht unbedingt wegen der ausgeklügelten Geschichte über Mord und der Überführung der Täter, sondern wegen dem Brenner und wie wir über sein Leben aufgeklärt werden.
[1] Kleiner Fun Fact am Rande: als Literatur-Fan mit eigenwilligen Vorlieben für die Verkettung von Lesegenuss und Schauplatz eben jenes, war ich einige Tage später noch auf der Durchreise in Maria Alm. Ich wollte dort eigentlich mit der Lektüre des Romans beginnen, nur leider sperrte das örtliche Café unmittelbar vor meinem Eintritt zu. So begann ich auf einer Parkbank am Zeller See den Roman zu lesen, bis zum Eintreffen eines Regengusses (ich schaffte runde fünf, sehr köstlich zu lesende, Seiten)